Samstag, 30. Juni 2012

Mitsommer

In einem Handtuch gehüllt, saß Eija vor dem Holzhäuschen und begrüßte uns. Nach einer kurzen Unterhaltung begleiteten sie und ihre Schwester uns, Jaana, Popo und mich, in die Sauna.
Seit Tagen schien die Sonne das erste Mal am wolkenlosen Himmel und nach einigen Runden durch den See, legten wir uns auf den Steg und genossen die Sonnenstrahlen, die unsere Haut kitzelten.

Die angenehme Entspannung wurde von einer Männerstimme zerstört, welche uns aufforderte, endlich den Platz und die Sauna zu räumen. Unsere Zeit war vorbei.
Ich ging in die Küche und half ein wenig beim Tischdecken, bis mir Fleisch in die Hand gedrückt wurde und ich zu meinem richtigen Job wechselte. Grillen.

Den frühen Abend verbrachten wir speisend auf der großen Terrasse, lachten und tranken. Zwischendurch tauchten Freunde von Eija mit einem Motorboot auf und gesellten sich zu uns.

Das große Juhannus - Feuer wurde entzündet, ich saß auf einer Schaukelbank und bewunderte es von weiter Ferne. Ich weiß nicht wie, aber wir kamen auf die Idee mit einem Boot dorthin zu fahren. Also sprangen vier andere mit mir in den Holzkahn, ein Wunder dass wir nicht kenterten, und fuhren zur Mitte des Seeabschnittes, in der sich der Fels mit dem Feuer befand. Je näher wir kamen, desto wärmer wurde es. Um die Flammen herum, kreisten aufgebrachte Möwen. Auf dem Wasser befanden sich mehrere Boote, die das Spektakel aus nächster Nähe betrachteten.

Unsere Getränkedosen neigten sich dem Ende zu, deswegen stiegen wir Jüngeren notgedrungen auf ein größeres Motorboot um und fuhren zurück zum Haus. Die Stimmung stieg antiproportional zu der Menge der Getränke. Mit einer großen Auswahl verschiedener Eissorten, setzten wir uns in den verglasten Pavillon und entfachten ein kleines Feuer in der Mitte. Der Abend wurde immer lustiger, die Gespräche jedoch auch einfacher und wir vermischten verschiedene Sprachen.

Plötzlich kamen wir auf DIE Idee. Wir könnten mit einem Boot zu einer Tanzhalle fahren, die einige Kilometer von uns entfernt war. Dort gäbe es zwar kaum Menschen und eigentlich nur Ältere, aber immerhin Betten. Eine halbe Stunde diskutierten wir darüber, bis wir uns schließlich doch dagegen und für etwas viel vernünftigeres entschieden.

Mitternachtssauna.

Dazu sei gesagt: jeden Mittsommer gibt es makabre Wetten über die Anzahl der Ertrunkenen an diesem Tag. Denn, ob du es glaubst oder nicht: Alkohol und See ergeben eine gefährliche Mischung.

Nur waren wir leider zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage uns über mögliche Konsequenzen im Klaren zu sein. Im Gegenteil, Popo und ich hantierten sogar mit Feuer und erwärmten somit die Sauna.
Während der Erwärmungsphase, saßen wir beide in dem Entspannungszimmer und als die Sauna endlich warm war, forderte ich die anderen Frauen auf, endlich zu uns zu kommen. Das nahm allerdings einige Zeit in Anspruch.

Nach einer ganzen Weile ließen wir uns endlich erhitzen und nahmen ein Bad im See. Es gibt nichts besseres als Mitternachtssauna und es war fast noch so hell wie tagsüber.

Da wir gegen zwei Uhr voller Energie waren, entschlossen wir uns schweigend einer alten Tradition zu folgen. Naja, aus Zweien machten wir eine. Die Erste besagt: Pflückt ein Mädchen in der Mitsommernacht sieben verschiedene Wildblumen und legt diese unter ihr Kopfkissen, so wird sie in der Nacht von ihrem Zukünftigen träumen. Die Zweite verspricht den Zukünftigen zu sehen, wenn das Mädchen dreimal gegen den Uhrzeigersinn um einen Brunnen läuft und dann in das Wasser blickt.

Am Ende der Nacht, kletterte ich eine schmale Leiter zu einem Dachboden über der Sauna und legte mich dort in ein Bett. Es war warm. Fast wie in der Sauna.

Stunden später, nach einem Traum von zehn verschiedenen Kerlen, einem Bad im See und einer Dusche, gesellte ich mich zu der restlichen leicht verkaterten Gruppe. Wir stellten ein kleines Frühstück bereit und legten uns danach in die Sonne. Eija überraschte uns alle mit selbstgemachten Pfannkuchen, zu denen es Eis und Marmelade gab. Ich war im Paradies.

Daraufhin legten wir uns wieder für ein Verdauungsschläfchen auf den Steg. Bis am Nachmittag die Ruhe von einem Handy gestört wurde. Ehe ich mich versah, saß ich schon in einem großen Auto, das zu einer kleinen Fähre fuhr. Mit mir der Großteil der Gruppe. Wohin wir fuhren, hatte ich nicht so ganz begriffen. Einigen anderen erging es genauso. Mit der Fähre setzten wir zu einer Insel über, die irgendwann endete und zwar an einem kleinen Steg. Dort holte uns ein Motorboot ab, ich fühlte mich wie James Bond.
Mit dem Teil überquerten wir erneut den See, fuhren an Inseln vorbei und umrundeten ein altes Dampfschiff. Ende der Reise.

Uns begrüßten einige Freunde von Eija und wir wurden aufgefordert, auf das Schiff zu klettern. Ein Traktor mit einer Hängerladung Holz erwartete uns. Rund fünfzehn Menschen reihten sich in zwei Linien auf und reichten die zerschnittenen Birkenstämme weiter. Die eine Hälfte Holz ging in den heißen Maschinenraum, indem ich für eine halbe Stunde arbeitete und die andere wurde an Deck gelagert. Die Arbeit dauerte etwas über eine Stunde und anschließend gab es Pfannkuchen mit Pilzragout. Erschöpft sonnte ich mich an Deck und schlief hin und wieder ein. Dann fuhr das Schiff los, mit schrillen Geräuschen und lautem Gehupe. Sollte anscheinend ganz Finnland wissen, dass wir ablegten.

Erstaunlicherweise nahm das Teil ziemlich schnell an Fahrt auf und nun sah ich den See Saimaa von einer ganz anderen Seite. Die Natur ist beeindruckend.
Felsen, Inseln, Bäume und Wasser. Dazu ein perfektes Wetter, einige Kinder um mich herum und gut gelaunte Menschen.

Ich machte eine Rundführung mit, sah mir die Sauna und die Kajüten an und beobachtete wie die Maschinen das Schiff in Fahrt brachten.
Dann versuchten die Männer einzuparken. Das ist anscheinend nicht so einfach mit dem riesigen Kahn. Erst fuhren wir vorwärts am Pier vorbei, dann drehten wir uns und fuhren ein wenig rückwärts, bis es wieder vorwärts ging und eine Kurve gedreht wurde. Letztendlich legten wir perfekt am Pier an und konnten landen. Dort verließ mein Teil der Gruppe das Schiff und wir machten uns auf den Weg zu einer Fähre, die zwei Kilometer entfernt anlegte.
Zurück auf dem Festland, wartete unser Fahrer bereits und fuhr uns zurück zu Eijas Haus und das war das Ende des perfekten Mitsommerfestes.

Donnerstag, 21. Juni 2012

Gastbericht von meinem besten Freund Timm

Das Privileg zu haben einen der letzten Blogeinträge zu verfassen, habe ich gerne genutzt. Ich hoffe das die aufmerksamen und stetigen Mitleser gefallen an diesem Text finden werden. Ich, Timm habe 4 Tage lang die Gastfreundschaft von meiner besten Freundin Ricarda genossen und auch überlebt.

Ich schreibe dies, während ich dabei bin dieses Land zu verlassen, was mir angesichts klitschnasser Klamotten auch nicht mehr ganz so schwer fällt. Aber da das Schiff nach Schweden erst in einer Stunde ablegt, will ich die Zeit nutzen, um meine Erlebnisse und Eindrücke in Textform zu verpacken.

Angekommen bin ich letzte Woche Sonntag im sonnigen Helsinki, wo ich mich sofort in Bus und Zug nach Savonlinna begeben habe, geplant war was anderes aber Pläne sind ja auch manchmal recht doof. Um kurz vor 23 Uhr war ich dann auch tatsächlich da,
ein Wunder da manche Züge nur knapp 5 Minuten Umsteigezeit hatten. In Deutschland hätte ich wohl auf einem Bahnsteig übernachten müssen, da ich den Anschlusszug verpasst hätte. Aber hier im Land wo man die Uhr nach dem Zug stellen kann, war ich pünktlich da und über das helle Licht verwundert. In der ganzen Woche war es nie dunkel. Nur ein bisschen dämmerig um 1 Uhr rum, aber das war es.
So liefen wir nun den Weg zum Opisto, eine recht schöne Strecke, die auch verdammt gut tat nach knapp 7 Stunden herum sitzen.

Der nächste Morgen begann recht früh, Rica musste arbeiten und ich hatte keinen Lust meinen knapp bemessenen Urlaub mit Schlaf zu vergeuden. Also unter die Dusche und das Opisto bei Tag betrachten und siehe da. Traumhaftes Wetter, bestimmt über 25 Grad und praller Sonnenschein. Eine klare Sache sich daraufhin das Badetuch zu schnappen und erst mal in den wunderschönen See zu springen. Kaltes klares Wasser und kein Mensch sonst. Wundervoll. Nach einem ausgiebigen Sonnenbad ging es am Nachmittag darum eine Alibiarbeit zu finden, damit ich kostenlos speisen durfte. Mit knapp 3 Stunden Rasenmähen hatte ich für den Rest der Woche eine Basis in der Kantine. Obwohl bei dem Essen eher die Köche hätten zahlen müssen, dafür das man dies über sich ergehen lässt.

Nun ja, der Dienstag wurde von Regen, laufen, gehen und Filmen veranschlagt.
Mittwoch ging es in die finnische Sauna, kurz davor waren wir noch auf einem Kurztrip in Savonlinna, wo uns die Sonne doch überrascht hatte. Es war sehr warm.

Die finnische Sauna und ihr Ablauf ist in einem anderen Bereich ausführlich beschrieben geworden. Deswegen gehe ich hier nicht mehr darauf ein. Ein Wort zudem, es war toll und eigentlich möchte man dieses Gefühl nicht mehr missen. Die Sauna auch selbstständig zu heizen und im kleinen Kreise zu nutzen, rundete diese Reise wundervoll ab.

Der Donnerstag, ein Tag wie alle anderen und doch speziell, ein älterer Finne und ein Afghane mit speziellen Vorlieben, aber einem wunderbaren Tee und ein sehr guter Gastgeber machten vor allem den Abend zu einem besonderen Erlebnis.

Nun das Schiff ist inzwischen abgelegt, ich schwimme durch die Schären um Turku und in den Gedanken bin ich noch in Savonlinna. Es ist der Höhepunkt dieses Jahres. Diese Chance genutzt zu haben und zu Ricarda zu fahren und mein Versprechen einzulösen ist ein super Gefühl.

Am Freitag verließ ich Rica in aller Frühe. Meine weitere Reise geht über Tampere, Valkeakoski, Turku und Stockholm bis zum Flughafen in Helsinki. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ein Hinweis für Finnland-Schweden Reisende:
Finnische Fähren sind mit Vorsicht zu genießen. Ein Strudel des Vergnügens, mag ich an dieser Stelle einfügen. Die Finnen fahren hauptsächlich damit um zu feiern.

Mittwoch, 6. Juni 2012

das Ende der Welt

Es war einer dieser typischen langweiligen Tage, an denen sich alles, ja wirklich alles, in die Länge zog. Ich starrte gelangweilt die Decke an, hörte dabei Musik. Setzte mich an meinen Computer. Nichts half. Die Zeit verging einfach nicht. Mir fehlte es an einem Hobby. Irgendeiner Freizeitbeschäftigung, der ich am Wochenende nachgehen konnte. Hier im Ausland. Wie hatte ich das die vorherigen Monate bloß überlebt? Fernab von alten Freunden, umgeben von unzähligen Fremden, die alle nur einer anderen Sprache mächtig waren. Nichts konnte meine besten Freunde ersetzen. Zwar habe ich hier neue Bekanntschaften gemacht, ziemlich viele genauer genommen. Nur sind die meisten mittlerweile abgereist und auf das ganze Land verteilt.
Alles was ich mir aufgebaut hatte. Mein neues soziales Kommunikationsnetz. Da gab es zum Beispiel die Frauenrunde, mit der ich wundervolle Stunden in der Sauna verbrachte. Oder die Männer, welche mich zum Essen und Filme ansehen, einluden.

Verschiedene Gesellschaften, welche mir alle ein kleines Gefühl der Zugehörigkeit vermittelten.
Alles vorbei. Aus und vorbei.
Meine Gedanken schwirrten im Kreis. Sehnsucht und Einsamkeit machten sich breit. Ich vermisste meine neuen Freunde. Und meine alten. Je mehr Gedanken ich daran verschwendete, desto trauriger wurde ich.
Unterdrückung der Gefühle ist ein notwendiges Übel. Ich wollte mich nicht mit dem Verlust auseinander setzen, viel lieber nach Ablenkung suchen.

Also setzte ich mich auf und schlüpfte in herumliegende Socken und meine Laufschuhe. Wozu war ich im Land der Seen und Wälder, wenn ich das nie ausnutzte?
Ich lief los, erst die Straße entlang. An etlichen Häusern. Sie ähnelten sich alle sehr. Bungalows, in unterschiedlichen Farben angestrichen. Rot, gelb, blau und grau. Für die Gärten hatten sich die Bewohner noch weniger Mühe gegeben. Höchstens kümmerten sie sich um das Gras. Blumen und andere Pflanzen existierten nicht, oder wuchsen wild vor sich hin.

Die Straße ging ohne Kurve über mehrere Kilometer hinweg. Bergab. Nein, es war eher ein Hügel, den ich hinunter lief. Deswegen hatte ich auch ein gutes Tempo drauf. An der Weggabelung bog ich nach links und dann nach rechts ab. Die Straße verwandelte sich in eine Schotterpiste, mit einem kleinen parallelen Waldpfad, den ich wählte. Ich verlangsamte meine Geschwindigkeit und genoss den hundert Meter langen weichen Weg.

Dann mündete er wieder in die Schotterstraße, welche ich ein Stück verfolgte. Bis ich an einer Kreuzung rechts abbog. Ein Fehler. Am Ende stellte er sich als Sackgasse heraus. Ich kehrte um, lief den Waldweg zurück, bog wieder links ab und entdeckte dann einen Pfad, der höchstwahrscheinlich wirklich in den Wald führte.

Er war ungefähr zwei Fuß breit, führte Hügel hoch und hinunter. Schlängelte sich an kleinen Bächen vorbei, über die Menschen Holzplatten zur Überquerung gelegt hatten. Links und rechts standen unzählige grüne Bäume, die ersten Frühlingsblumen wuchsen. Gelbe Blüten zierten die Bäche. Eine Weggabelung tauchte auf, ich bog links ab. Es ging hinunter. Meine Füße balancierten über Baumwurzeln und Steine entlang. Ich wurde wieder schneller und geriet bei dem Auf und Ab außer Atem.

Bei den folgenden Kreuzungen, wählte ich oft den linken Pfad. Stets im Hinterkopf, dass mein Wohnort rechts von mir lag. Irgendwann entschied ich mich, mehr in meine Hausrichtung zu begeben, überquerte Flüsschen, Hügel, Wurzeln und fand mich auf einem Felsen wieder. Ich näherte mich vorsichtig dem Abgrund und machte lieber wieder einen Schritt zurück. Das ging ein wenig zu tief hinunter. Nun folgte ich einem anderen Waldpfad, der mich über offene Felder führte. Felder auf denen tote Bäume herum lagen, dessen Wurzeln aus dem Boden ragten. Der Pfad wurde schmaler, die Kurven vermehrten sich. Es ähnelte fast einem Slalomparcours.
Es brachte so viel Spaß durch die Natur zu laufen, das Glück sprudelte nur aus mir heraus. Ich kicherte vergnügt, folgte meinen Gedanken. Alten Fantasien, die ich als Kind immer hatte. Rannte und rannte. Über Stock und Stein, hangelte mich unter umgefallenen Bäumen entlang. Einmal fiel ich beinahe hin, doch ich konnte mich gerade noch so wieder in Balance bringen.

Mir ging es so gut. Weitab von sämtlichen Menschen. Eins mit der Natur. Vögel zwitscherten, knatterten mit ihren Schnäbeln, das so klang, als wären sie Paparazzi-Vögel. Mit alten Kameras flogen sie herum und fotografierten die kleine Welt unter ihnen. Die grünen Blätter rauschten, spielten mit dem Wind. Ich hockte mich auf einen der Felsen am Ende der Welt und genoss den Moment.

Gerüche von Blüten, Gräsern und Blättern umgaben mich, wohlig schloss ich meine Augen und ließ das alles auf mich wirken. Die Sonne kitzelte mein Gesicht, ein Gänseschauer kletterte meine Arme entlang.

Das Ende ist nicht das Ende des Ganzen, vielmehr ist es ein Halt, ein Ort zum Verweilen, Rasten, von dem es weiter geht.
Wenn die Zeit gekommen ist.

Sonntag, 3. Juni 2012

wie ich eine unvergessliche Erfahrung machte

Lang ist es her, doch nun schreibe ich wieder ein wenig über mein mehr oder minder aufregendes Leben.
In der letzten Zeit hat sich nämlich so einiges verändert und ich habe viele neue Erfahrungen gesammelt.

An dem Wochenende nach Annes Besuch, fuhr ich erneut nach Helsinki. Dieses Mal um meine Familie zu treffen. Für meine Mutter war dies die erste Reise nach Finnland und ich hoffe, sie hat nun schöne Erinnerungen davon.

Am Freitag spielte die kanadische Eishockeygruppe gegen die finnische und es versetzte mir einen Stich ins Herz, als meine kurzfristige Wahlheimat verlor. Doch ich wurde ziemlich schnell darüber hinweg getröstet, denn wir unternahmen eine Menge. Ich kenne Helsinki ja mittlerweile relativ gut, zumindest das Zentrum. Bin da unzählige Male kreuz und quer durchgelaufen und trotzdem konnte ich dank einer Stadtrundfahrt ganz neue Ecken entdecken. So besuchten wir zum Beispiel die Felskirche, sahen ein sehr teures Stadtviertel und weitere Teile des Hafens.

Am besten fand ich es jedoch, endlich mal in einem richtigen Bett zu schlafen. Eine Nacht ohne Rückenschmerzen zu haben, das war mir die weite Anreise wert.
Das ganze Wochenende war einfach nur wonderbra, ich war richtig glücklich, die drei wiederzusehen und denke, es wird mir leicht fallen, nach Deutschland zurückzukehren. Am Sonntag war mein Geburtstag, den wir denkwürdig feierten, bis ich leider die Heimreise wieder antreten musste. Abends übernachtete ich bei einer Freundin in der Innenstadt von Savolinna, weil wie immer kein Bus zurück zum Opisto fuhr.

Das Wochenende darauf mussten Popo (meine Mitfreiwillige) und ich nach Jyväskylä fahren. Es war eine Qual, denn rund 8 Stunden Anfahrt zu einem Abschlusstreffen unserer Organisation zu fahren, ist schlicht und ergreifend einfach grausam.
So saßen wir ewig in Zügen, bis wir endlich in Tampere ankamen. Es gibt nämlich keine Direktverbindung von Savonlinna nach Tampere - Luftlinie liegt unter 300 Kilometern.

Das Camp an sich war öde. Überraschend war nur die Hälfte unserer Ursprungsgruppe anwesend, dafür aber über 30 finnische Freiwillige, die sich auf ihre Abreise ins Ausland vorbereiteten. Wir Altfreiwilligen saßen das Wochenende schweigend herum, so wie wahre Finnen es tun. Wir hielten brav Abstand zueinander, verhielten uns ruhig und finnisch.
Die Finninnen und der eine Finne jedoch, quatschten in einer Höllenlautstärke, drängten sich ständig an uns und wollten uns umarmen! Das war echt zu viel des Guten.
Kulturschock hoch drei!

Wie soll das bloß werden, wenn wir in unsere Heimaten zurück kehren? Wir sind so stark an Finnland angepasst, dass uns Menschenaufläufe schnell zu viel werden.
Nach dem ich vier Tage überstanden hatte, die mit Übungen und Themen gefüllt waren, die wir beim letzten Camp bereits gehabt hatten, kehrte ich übermüdet und genervt nach Savonlinna zurück. Wie sehr hatte ich die Stadt vermisst! Das kann sich keiner vorstellen.

Doch kaum zurück, kam der Spaß wieder. Ich bekam neue Aufgaben bei der Arbeit, durchlitt nochmal einen bodenlosen Tiefschlag, den ich langsam zu verkraften lerne und dann erfasste mich der Aufwind wieder. Nur dann kam auf einmal der 1. Juni. Tag des Abschieds. Von all meinen Freunden. Abreise aller Studenten, Ende des Schuljahres.

Ich verabscheue Abschiede, besonders wenn sie ungewollt sind. Ob ich einige von ihnen wiedersehe, wird sich noch herausstellen. Etliche vermisse ich ungemein und das hätte ich nicht erwartet.
Zu meiner Überraschung bekam ich an dem Tag auch ein Zeugnis. Mit der Bestnote. Und mein Sprachgrad beläuft sich auf A2. Das nach sechs Monaten Finnisch-Studium. Ich bin stolz auf mich.
Auch meine Arbeitsbewertung hat mich fast umgehauen.

Um am Abend nicht mit trüben Gedanken die Decke anzustarren, traf ich mich zu einem internationalen Treffen.
Wir hatten eine Mission zu erfüllen. Drei Finninnen, ein Finne, Popo und ich. Wir versammelten uns und testeten 23 Longkeros. Das ist eine finnische alkoholische Spezialität, die es mit verschiedenen Geschmacksrichtungen gibt. Anfangs fielen die Bewertungen noch sehr schlecht aus, je mehr wir davon tranken, desto mehr Punkte gab es. Außerdem erlebten wir ziemlich eindrucksvolle Stimmungsschwankungen, die von Aggressivität (Papierrolle nach jemanden werfen) über einem Flirt mit einem Hund bis zu hysterischen Lachattacken, die mit einem Schluchzen und Tränen endeten.
Der Abend war also ein voller Erfolg! Denn jetzt weiß ich, welche Longdrinks ich am meisten mag und welche ich niemals kaufen werde.

Der absolute Höhepunkt kam auf der Heimfahrt um 2 Uhr nachts. Mittlerweile ist es fast ununterbrochen hell und so sah ich etwas, was mein Herz erweichte.
Ich hatte es nicht mehr erwartet, nicht gewagt es zu erhoffen. Ich werde diesen Moment nie wieder vergessen.
Das erste Mal in Finnland sah ich einen Elch in freier Wildbahn.
Selbst wenn es nur das Hinterteil gewesen ist!