Sonntag, 3. Juni 2012

wie ich eine unvergessliche Erfahrung machte

Lang ist es her, doch nun schreibe ich wieder ein wenig über mein mehr oder minder aufregendes Leben.
In der letzten Zeit hat sich nämlich so einiges verändert und ich habe viele neue Erfahrungen gesammelt.

An dem Wochenende nach Annes Besuch, fuhr ich erneut nach Helsinki. Dieses Mal um meine Familie zu treffen. Für meine Mutter war dies die erste Reise nach Finnland und ich hoffe, sie hat nun schöne Erinnerungen davon.

Am Freitag spielte die kanadische Eishockeygruppe gegen die finnische und es versetzte mir einen Stich ins Herz, als meine kurzfristige Wahlheimat verlor. Doch ich wurde ziemlich schnell darüber hinweg getröstet, denn wir unternahmen eine Menge. Ich kenne Helsinki ja mittlerweile relativ gut, zumindest das Zentrum. Bin da unzählige Male kreuz und quer durchgelaufen und trotzdem konnte ich dank einer Stadtrundfahrt ganz neue Ecken entdecken. So besuchten wir zum Beispiel die Felskirche, sahen ein sehr teures Stadtviertel und weitere Teile des Hafens.

Am besten fand ich es jedoch, endlich mal in einem richtigen Bett zu schlafen. Eine Nacht ohne Rückenschmerzen zu haben, das war mir die weite Anreise wert.
Das ganze Wochenende war einfach nur wonderbra, ich war richtig glücklich, die drei wiederzusehen und denke, es wird mir leicht fallen, nach Deutschland zurückzukehren. Am Sonntag war mein Geburtstag, den wir denkwürdig feierten, bis ich leider die Heimreise wieder antreten musste. Abends übernachtete ich bei einer Freundin in der Innenstadt von Savolinna, weil wie immer kein Bus zurück zum Opisto fuhr.

Das Wochenende darauf mussten Popo (meine Mitfreiwillige) und ich nach Jyväskylä fahren. Es war eine Qual, denn rund 8 Stunden Anfahrt zu einem Abschlusstreffen unserer Organisation zu fahren, ist schlicht und ergreifend einfach grausam.
So saßen wir ewig in Zügen, bis wir endlich in Tampere ankamen. Es gibt nämlich keine Direktverbindung von Savonlinna nach Tampere - Luftlinie liegt unter 300 Kilometern.

Das Camp an sich war öde. Überraschend war nur die Hälfte unserer Ursprungsgruppe anwesend, dafür aber über 30 finnische Freiwillige, die sich auf ihre Abreise ins Ausland vorbereiteten. Wir Altfreiwilligen saßen das Wochenende schweigend herum, so wie wahre Finnen es tun. Wir hielten brav Abstand zueinander, verhielten uns ruhig und finnisch.
Die Finninnen und der eine Finne jedoch, quatschten in einer Höllenlautstärke, drängten sich ständig an uns und wollten uns umarmen! Das war echt zu viel des Guten.
Kulturschock hoch drei!

Wie soll das bloß werden, wenn wir in unsere Heimaten zurück kehren? Wir sind so stark an Finnland angepasst, dass uns Menschenaufläufe schnell zu viel werden.
Nach dem ich vier Tage überstanden hatte, die mit Übungen und Themen gefüllt waren, die wir beim letzten Camp bereits gehabt hatten, kehrte ich übermüdet und genervt nach Savonlinna zurück. Wie sehr hatte ich die Stadt vermisst! Das kann sich keiner vorstellen.

Doch kaum zurück, kam der Spaß wieder. Ich bekam neue Aufgaben bei der Arbeit, durchlitt nochmal einen bodenlosen Tiefschlag, den ich langsam zu verkraften lerne und dann erfasste mich der Aufwind wieder. Nur dann kam auf einmal der 1. Juni. Tag des Abschieds. Von all meinen Freunden. Abreise aller Studenten, Ende des Schuljahres.

Ich verabscheue Abschiede, besonders wenn sie ungewollt sind. Ob ich einige von ihnen wiedersehe, wird sich noch herausstellen. Etliche vermisse ich ungemein und das hätte ich nicht erwartet.
Zu meiner Überraschung bekam ich an dem Tag auch ein Zeugnis. Mit der Bestnote. Und mein Sprachgrad beläuft sich auf A2. Das nach sechs Monaten Finnisch-Studium. Ich bin stolz auf mich.
Auch meine Arbeitsbewertung hat mich fast umgehauen.

Um am Abend nicht mit trüben Gedanken die Decke anzustarren, traf ich mich zu einem internationalen Treffen.
Wir hatten eine Mission zu erfüllen. Drei Finninnen, ein Finne, Popo und ich. Wir versammelten uns und testeten 23 Longkeros. Das ist eine finnische alkoholische Spezialität, die es mit verschiedenen Geschmacksrichtungen gibt. Anfangs fielen die Bewertungen noch sehr schlecht aus, je mehr wir davon tranken, desto mehr Punkte gab es. Außerdem erlebten wir ziemlich eindrucksvolle Stimmungsschwankungen, die von Aggressivität (Papierrolle nach jemanden werfen) über einem Flirt mit einem Hund bis zu hysterischen Lachattacken, die mit einem Schluchzen und Tränen endeten.
Der Abend war also ein voller Erfolg! Denn jetzt weiß ich, welche Longdrinks ich am meisten mag und welche ich niemals kaufen werde.

Der absolute Höhepunkt kam auf der Heimfahrt um 2 Uhr nachts. Mittlerweile ist es fast ununterbrochen hell und so sah ich etwas, was mein Herz erweichte.
Ich hatte es nicht mehr erwartet, nicht gewagt es zu erhoffen. Ich werde diesen Moment nie wieder vergessen.
Das erste Mal in Finnland sah ich einen Elch in freier Wildbahn.
Selbst wenn es nur das Hinterteil gewesen ist!

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