Mittwoch, 30. November 2011

wonderbra!

An vielen Orten der Welt beginnen allmählich die Weihnachtsvorbereitungen. Doch für mich sieht es dieses Jahr etwas weniger weihnachtlich aus, da ich immer noch nicht genau weiß, wo ich das Freudenfest verbringen soll. Entweder bei und mit anderen Freiwilligen oder bei einer finnischen Familie.
Noch dazu schmilzt der Schnee fröhlich vor sich hin und hinterlässt nicht nur Pfützen im Boden, sondern eine niedergeschlagene Stimmung. Ich dachte, der finnische Winter sei lang. Aber hier hielt er sich nur drei Tage auf. Immerhin kann jetzt der Sommer kommen! Wird auch Zeit, täglich kommt die Dunkelheit früher, mittlerweile beginnt sie kurz nach drei Uhr.
Dank der antiweihnachtlichen Stimmung überraschte es mich, als auf mich ein Paket wartete. Laura stand als Absender. Jaja, ich die immer andere darauf aufmerksam macht, dass man sich mal wieder bei alten Kontakten melden sollte, hat ein ziemlich großes Present aus der Heimat bekommen. Unter den erwartungsvollen Blicken anderer Studenten, öffnete ich es und fühlte mich wie zu Weihnachten. Ein selbstgemachter Adventskalender war darin. Für jeden Tag eine Kleinigkeit.
Mich durchströmte ein unbeschreibliches Glücksgefühl. Vielen Dank an meinen Pfadfinderstamm! Ich weiß gar nicht, wie ich euch danken kann! Und ich habe es schon immer gewusst, Pfadfinder sind die besten Freunde und Menschen der Welt!
Danke, danke, danke! Ich bin schon richtig gespannt, was mich da ab morgen erwartet. Wonderbra!

Dienstag, 22. November 2011

Man weiß vieles erst zu schätzen, wenn man es vermisst...

Grinsend blickt er mich an, „Naaaa...!?“, dachte ich mir. So einen süßen Kerl sah frau nicht alle Tage. Mein Herz schlug ein wenig höher und ich lächelte verlegen zurück. Dann wandte ich mich wieder meinem Buch zu, wenn ich etwas nicht an mir ausstehen kann, dann dass ich Bücher viel zu schnell durchlese. Vorsichtig lugte ich noch einmal über den Rand des Buches und stellte fest, er starrte mich weiterhin lächelnd an. Während nur noch achtzig Seiten und drei Zugfahrstunden vor mir lagen, lenkte mich immer wieder das schnuckelige Kerlchen vom Lesen ab. Er lächelte schief, aber durchaus charmant. „Wie schnell kann man sich verlieben?“, kam mir in den Sinn und dieses Mal war ich mir sicher, handelte es sich um Liebe auf den ersten Blick.
Seine Augen waren so klar und die Art mit welchem sichtbaren Interesse er in meine sah, berührte mich tief im Herzen. Warum tat das nicht jeder tolle Typ so? So aufgeschlossen, so ehrlich zu seinem Interesse stehend und diese nicht aus Scham hinter einer Fassade der Coolness versteckend? Unsere Blicke trafen sich noch etliche Male, immer wieder füllte sich mein Herz dabei mit Glückseligkeit. Mich irritierte nur eine Sache und zwar seine Art, wie er während des Lächeln und Guckens mit dem Finger an seiner Zunge herum spielte.
Doch vielleicht war das nur eine typisch finnische Angewohnheit von Kerlen seinen Alters. Außerdem machen Macken den Menschen nicht erst zu einer besonders liebenswerten Person? Auf jeden Fall war ich mir sicher, diese Eigenheit würde ich widerstandslos verzeihen, sobald er auch nur ein einziges Mal in meinen Armen läge. Der Kerl war ein Mädchenherzensbrecher wie er im Buche steht. Ich glaube, keine des weiblichen Geschlechts, könnte ihm widerstehen. Seine reine Haut, der gute Kleidungsstil, die Augen und das charmante Lächeln, das ich an Männern so unwiderstehlich und zum Verlieben finde, all das vereinte er.
Doch es kam, wie es kommen musste. Nach zwei wunderbaren Stunden, die für mich nur so verflogen, stand seine weibliche Begleitung auf und trug ihn mitsamt seines Kinderwagens fort – aus dem Zug auf den Bahnsteig, in die Dunkelheit und Kälte. Traurig blieb ich zurück und fuhr weiter gen Zuhause.

Woher ich kam? Sehr gute Frage.
Gestern wachte ich mit dem Gedanken auf: „DAS kann doch jetzt doch nicht schon halb acht sein!“ und schwang mich absolut unmotiviert auf den Drahtesel. Vorsichtshalber habe ich mich ziemlich dick angezogen. Mit langärmeligem Oberteil, einem Wollpulli, Leggins, Jeans, langen Wollsocken, einer Winterjacke, Armstulpen, Wollhandschuhen, Wollmütze und Schuhen bewege ich mich vorsichtig zum Bahnhof. Ich fahre vorbei an dem vereisten Schnee und fühle mich wie ein fetter Kleidungsklotz, der grobmotorisch unter dem zum bemitleidenen ächzenden Fahrrad versucht vorwärts zu kommen. Wie soll dass denn erst werden, wenn es noch dreißig Grad kälter ist?
Schneeflocken erschweren mir die Sicht und ich versuche nicht an die frierenden Fußzehen zu denken, die zu schmerzen beginnen.
Pünktlich zum Winterbeginn am 21.11.11 schneit es. Wer hätte das denn auch anders erwartet?
Mein genervtes „ICH!“ wird auf diese Frage hin anscheinend bewusst ignoriert.
Ziemlich schnell füllt sich der Bahnsteig, oder sollte ich eher das leere Gleis mit dem Betonweg daneben, sagen? Manche nehmen Abschied voneinander, andere stehen in stylisch dreckigen Regenstiefeln und ähnlicher Kleidungsausrüstung grummelig da und warten auf den Zug. Im Gegenteil zur Deutschen Bahn, kommt der Zug trotz des Schnees pünktlich. Ungern denke ich an den letzten Dezember zurück, an dem ich zwei Stunden frierend, hungernd und müde im Spandauer Bahnhof verweilen durfte, nur weil der ICE eine unbestimmte Verspätungszeit hatte. Ist ja auch echt überraschend, dass in Deutschland manchmal Schnee fällt. Besonders im Winter überrumpelt dieses Ereignis die DB immer wieder. So heftig war der Klimawandel bisher noch nicht, dass es keinen Schnee mehr im Winter gibt, aber das scheinen die noch immer nicht kapiert zu haben.
Der Zug kommt und ich fühle mich den anderen nach Darwin'scher Evolutionsheorie „Survival of the fittest“ überlegen. Die Stufen sind nämlich nur für Menschen gemacht, deren Beine lang sind. Würde es hier ums Überleben gehen, okay so gesehen ging es das in diesem Falle, wäre ich eine der wenigen, die nicht zu Grunde gehen würde. An meine pfadfinderischen Tugenden erinnert, helfe ich trotzdem einer auf finnisch fluchenden älteren Dame nach oben.

Die Zugfahrt dauert insgesamt vier Stunden und acht Minuten. Zwischendurch steige ich in einen Intercity um und stelle dort überrascht fest, dass es auf den Toiletten auch ein Töpfchen für Kleinkinder gibt. Sogar zum Aufwärmen von Babynahrung oder -Milch, so gut kenne ich mich auf dem Gebiet zum Glück noch nicht aus, steht da ein Gerät herum.
Einige Stunden später treffe ich im verregneten Helsinki endlich auf eine befreundete deutsche Freiwillige, bei derer Gastfamilie ich übernachte. Ihre Gastschwester schafft es tatsächlich mich trotz aller Müdigkeit zum Seilspringen und Bewegen zu kriegen. Später schenkte sie mir noch ein Armband, das fand ich richtig genial - ich war verblüfft darüber und bin etwas verlegen deswegen.
Am nächsten Tag fuhren Antje und ich in ein Studio, indem wir deutsche Texte ins Mikro sprachen und diese für die schulischen Deutschprüfungen aufgenommen wurden. Das zu erleben, war echt großartig und tat mir ziemlich gut. Ich meine, bald hören unzählige finnische Schüler meine Stimme und dürfen dazu Fragen beantworten.
Wenig später guckten wir beide noch in dem Büro unserer finnischen Organisation vorbei und erzählten Mari von unseren Arbeiten, Erlebnissen, positiven sowie auch negativen Dingen und ich genoss es, bekannte Gesichter wiederzusehen und herauszufinden, dass ich tatsächlich einen Traumjob abbekommen habe.
Auf der Rückreise, traf ich in der letzten Bahn auf mehrere finnische Damen, die mir unzählige Fragen stellten und bis zum Ende haben die, glaube ich, nicht heraus gefunden, dass ich nicht so gut finnisch sprechen kann. Ich bin echt stolz darauf, dass ich ihre Fragen beantworten konnte, drei Monate zuvor hätte ich das nicht ansatzweise bewerkstelligen können.
Kaum zu glauben, wie glücklich ich diese beiden Tage lang war. Mit einer Gleichaltrigen und der gleichen Muttersprache reden zu können, das hat mir sehr gefehlt. Auch der Einblick in eine hauptsächlich auf englisch kommunizierende finnische Gastfamilie zu bekommen und die spannende Studioaufnahme, waren die Reise wert.
Zurück bleiben mir wunderbare Erinnerungen (wie zum Beispiel an das süße Kerlchen in der Bahn, wäre er doch bloß 19 Jahre älter gewesen), ein riesiger Haufen neuer Erkenntnisse, sowie ein Kopfmassageteil, mit dem ich mir jetzt endlich selbst immer etwas Gutes tun kann.
Zu meinem sagenhaften Glück, standen überraschenderweise auf mich wartend, zwei großartige Studenten am Bahnhof, die mich in ein Auto warfen und durch die frostige und verschneite savonlinnasche Stadt Richtung Zuhause - meinem Zuhause, welches ich bereits sehnsüchtig vermisst hatte, fuhren.
Endlich bin ich wieder zurück, dort wo meine vier Wände und großartige Menschen auf mich warteten.

Donnerstag, 17. November 2011

es lebt!

Liebster Blogleser,
heute gab es für mich zum Mittagessen Reis mit Kartoffelpüree und, ja ich gebe es zu, Ketchup. Mit diesem Tomatenzuckerzeug schmeckt mir aber auch beinahe alles. Wohl möglich würde ich damit eventuell auch Milchreis hinunter kriegen. Allerdings passen die Geschmacksnuancen von dem Ketchup und Zimt-Milch-Würgkram nicht so gut zusammen, sodass ich mit dem gleichen Ergebnis wie auch ohne den Zusatz dieser Tomatensoße, das Werk vollenden oder eher wiederverwerten und aus meinem Körper entfernen würde. Warum schweife ich eigentlich ständig so sehr ab?
Ich bin gerade ein wenig entmotiviert und das erkennt man wonderbra leicht daran, dass ich andere dazu verdamme, neue Wortschöpfungen zu lesen. Pardon!
Eben wollte ich meine Band starten, jedoch klappt nichts. Weder die faulen Studenten bewegen ihren Allerwertesten in die Richtung des Treffpunktes, noch kriege ich überhaupt eine Absage zu hören. Nicht eine einzige. Wie sollen wir bis Weihnachten das EINE Lied „Imagine“ auf die Beine stellen? Ich glaube noch an Wunder. Und das werde ich wahrscheinlich noch öfter tun müssen. Zu meinem Entsetzen kennen nämlich die Leute von außerhalb Europas die Beatles nicht. Kannst du dir das vorstellen? Ich habe es mir zum Ziel gesetzt, diese Bildungslücke zu schließen, großes Interesse daran zeigen die Kerlchen daran allerdings nicht. Püüüh! Die wissen gar nicht, was sie verpassen.

Das finnische Land geht langsam in die kalte Jahreszeit über. Das bedeutet, Bäume und Gräser gefrieren, Ricas jammern darüber wie kalt es doch trotz Wollpullover sei, es wird immer mehr Tee getrunken und die Heizung bleibt über Nacht an. Wie soll ich das bloß im Hochwinter aushalten? Noch ist es nicht ansatzweise so kalt, wie am Ende des nächsten Monat. Ich mache mir einfach heiße Gedanken (Spanien, Sonne, Strand und Meer).

Ich habe einen Wunsch, nur einen einzigen an dich. Kannst du mir unten als Kommentar eine Sache schreiben, über die ich mal berichten soll? Es darf jedes Thema sein, ob Experiment, Gedicht, Satire oder sonst etwas! Vielen Dank im Voraus! Die Prozedur dauert wirklich nur eine halbe Minute! Außer du schreibst langsam...

Liebe Grüße von der hochmotivierten Rica,
gleich wird es schon wieder dunkel und es wird Schlafenszeit. Tatsächlich ist es mir möglich den kompletten Tag zu schlafen. Einfach morgens aufwachen, rausgucken, feststellen dass es noch dunkel ist, weiter schlafen und das den ganzen Tag lang - richtig hell ist es so um 13 Uhr, über diese Zeit muss man hinweg schlafen und ab da denkt man, dass es immer noch zu früh ist.
Ist das nicht ein romantischer Gedanke? So schön um 12 Uhr am See zu sitzen und den Sonnenaufgang anzugucken, dann zwei Stunden lang dort das Wasser beobachten, bis um 14 Uhr die Sonne wieder untergeht?
Man muss nicht einmal früh aufstehen, um die atemberaubende Schönheit der Natur zu beobachten. Der Winter hat wirklich etwas an sich.

Bevor ich dir noch weitere Lebenszeit raube, schwinge ich mich aus dem Internet und wünsche dir einen wunderschönen Tag beziehungsweise Abend.
Bald werde ich hoffentlich wieder mit aufregenderen Texten wiederkehren.

Mittwoch, 9. November 2011

Gedankenwirrwarr

„Hey, minun blablabla on rikki! Voitko autan minulle?“ (Hey, mein Fahrrad ist kaputt! Kannst du mir helfen?“
Ich kriege ein fettes Grinsen, welches ich im Übrigen in den letzten Tagen etwas mehr als häufiger zu Gesicht bekommen habe, als Antwort.
In einem rasenden Tempo schleicht er hinter mir her. Er ist ein Hausmeisterlehrling oder so in der Art, habe bei der Erklärung damals nicht so genau zugehört.
 Außerdem würde ich ungefähr dreimal in ihn hinein passen, neben ihm wirke ich wie eine zierliche Puppe.
Mit einem Lächeln überspiele ich meinen Drang panisch zu werden – sechs Kilometer mit den unzähligen Bergen liegen vor mir und die Zeit, welche ich dafür habe, rinnt fröhlich vor sich dahin. „Na super“, denke ich mir. „noch 40 Minuten, dann muss ich da antanzen.“

Ich wende mich zu meinem neuen besten Freund und hauche ihm ein leicht verzweifeltes (okay, es war etwas mehr als nur leicht) „Minä täytyn työdä kello yhdeksän.“ - theoretisch soll das so viel wie „Um 9 Uhr beginnt meine Arbeit“ heißen. Ob er das genauso verstanden hat, steht in den Sternen. Würde jedoch so einiges der folgenden Ereignisse erklären. Denn er wird nicht ansatzweise schneller, noch nicht einmal der Wille danach ist erkennbar. Kenia fällt mir dazu ein. Ganz entspannt schlurft er hinter mir her, so manches Mal bleibt er einfach stehen und unterhält sich mit einem Studenten. Weswegen war ich nochmal in Finnland? Ach ja, ich sollte etwas lernen.

Und ich lerne. Ich lerne, dass man hier anscheinend alle Zeit der Welt hat und obwohl mein Wannabe-Retter in spe noch in aller Ruhe zwei Studenten eine Werkstatt öffnet und ihnen Besen in die Hand drückt, danach entspannt die Tür wieder abschließt und dann für eine gefühlte Ewigkeit in der Fahrradwerkstatt abtaucht, kurz darauf mit Werkzeug wieder auftaucht, meinen Fahrradreifen an die richtige Stelle bugsiert, ein paar wohlgemeinte Wissensdinge über das Reparieren des Drahtesels gibt (die mich absolut nicht unter diesen Umständen interessierten) und mich dann nach einer kurzen Probefahrt endlich entlässt, ich mich auf das Rad schwinge, mit Mühe in die Pedalen trete und die Berg und Tal- Fahrt schwitzend und frierend zugleich hinter mich bringe, schaffe ich es genau drei Minuten vor Schulanfang anzukommen.

Kann mir das jemand erklären? Ich mir nicht. Überhaupt nicht. Irgendetwas ist falsch gelaufen, wirklich schnell bin ich nämlich nicht gefahren. Geht auch nicht, weil ich ein wenig kränkle und meine Beine von dem vielen Radfahren schmerzen.

Trotzdem gibt es ein Erfolgserlebnis zu verzeichnen. Auf dem Rückweg konnte ich ihn, den Berg aller Berge – Dad und Fred wissen garantiert was gemeint ist – bezwingen. Ich bin tatsächlich mit dem Drahtesel, der mich gerne mal im Stich lässt, den steilen Hügel hoch geradelt. Als ich oben war, hatte ich zwar das Gefühl, nie wieder im Leben atmen zu können, aber ich habe ihn bezwungen! Und das alles nur um mich an dem verdammten Fahrrad zu rächen.
Boah! Wenn es noch einmal kaputt geht, repariere ich es selbst.
Oder ich stürze mich mit dem Teil in den See und sterbe. Beides käme aufs Gleiche hinaus.

So ging es mir heute Morgen.
Der Drecksesel war zu seinem Glück nicht kaputt und das sehr zum Bedauern meines Fahrrad-Reperateurs, der gewiss schon alle Werkzeuge parat gelegt hatte. Allerdings bin ich erfroren. Minusgrade. Zum ersten Mal. Alles gefroren! Die Straße, meine Hände, meine Nase, meine Ohren, meine Nerven, meine Hoffnung, meine Laune, meine Füße, meine Beine, mein Fahrrad, meine Eierstöcke, alles.
Und nächste Woche soll der erste Schnee kommen, nur für kurze Zeit, er wird wieder tauen, da bin ich mir sicher.
Notfalls hauche ich ihn an oder renne nackt durch die Gegend – dann muss er dahin schmelzen.
Aber Schnee ist Schnee und wenn er liegt, kann ich nicht in die Stadt radeln. Dann kann ich kein Geld ausgeben, keine sinnlosen Dinge in der leergefegten Innenstadt erledigen und nicht einmal mit dem Rad durch die Gegend fahren und neue Straßen entdecken.
Ich werde wohl eher in der Küche stehen und gegen das Verlangen ankämpfen müssen, erste Weihnachtsplätzchen zu backen und Weihnachtsmusik zu hören, die ich abgrundtief verabscheue. Am besten „Last Christmas“ in der Dauerschleife. Entschuldigung, wenn du jetzt wegen mir einen Ohrwurm hast. Zumindest ist das bei mir der Fall.

 Zurück zum Thema: ich baue mir dann wahrscheinlich auch aus Langeweile einen Weihnachtsbaum und dekoriere ihn. Und ich bilde mir ein, draußen den Weihnachtsmann gesehen zu haben. Wie du lesen kannst, bin ich absolut noch nicht bereit für den ersten Schnee.

Na gut, ich habe einen Grund für meine momentane Abneigung zum weißen Etwas. Ich habe Angst, damit eingeseift zu werden. Und es wird eintreffen. Ich sehe es bereits jetzt vor mir. Unzählige Studenten rächen sich für meine ausgeteilten Körbe. Sie verbünden sich, versammeln sich bereits nachts zur Vorbereitung, umzingeln das Haus, bauen riesige Barrikaden und verschanzen sich dahinter. Sobald ich die 50 Meter zum Schulgebäude hinter mich bringen will, attackieren und stürzen sie sich auf mich, erfreuen sich an meinen Schreien und Hilferufen. Ich verabscheue Kälte!
Und den kalten Krieg.
 Nur werden meine Kriegswunden nicht bluten – nein, nein!
Vielmehr werde ich mehrmals am Tag die Kleidung wechseln müssen.

Habe ich schon erwähnt, dass es bereits um kurz nach 16 Uhr stockdunkel ist und im Dezember die Sonne um 14 Uhr untergeht?
Ich Sonnenkind werde mir eine eigene malen müssen und diese dann stundenlang anstarren. Solange bis ich mir einbilde, dass sie echt ist. Vielleicht stelle ich noch eine Wärmelampe dahinter, das würde das Kunstwerk der technischen Natur etwas realistischer gestalten.

Wuhu, bald beginnt die Eis- und Schneezeit! Auf dem riesigen See Schlittschuh fahren, Eisfischen, dumm auf die Nase fliegen und dafür ausgelacht zu werden, was gibt es schöneres?
Ach ja, wenn ich diejenige bin, die lacht.

Freitag, 4. November 2011

kurze Statusmeldung

Es wird Zeit für eine Entschuldigung,
denn in den letzten Wochen sind so gut wie alle von Euch von mir vernachlässigt worden. Es tut mir verdammt noch mal leid, aber ich kriege es momentan nicht hin, mich bei so vielen zu melden.
Woran das liegt? Immerhin habe ich einen Grund vorzuweisen.
Wie alle Studenten im Opisto, mache ich zwei Wochen lang ein Praktikum. Meine Arbeit besteht darin in einer Schule die Stunden abzusitzen. Okay, in den 6. Klassen kann ich noch im Unterricht assistieren, aber die Älteren gehorchen nicht einmal dem Lehrer.
Die finnische Schule, die ich besuche, ist ziemlich interessant. Täglich ertönt morgens um kurz nach neun Uhr, Musik aus den Lautsprechern – klassische, manchmal auch rockige. Die Schüler tragen in den Unterrichtsräumen keine Schuhe, in Sport werden Jungs von Mädels getrennt. 400 Schüler gibt es und sie sind in den Jahrgängen 6 bis 9. Die Mädchen sind überdurchschnittlich dünn, das Benehmen vieler Jugendlichen ist unter aller Sau. Nicht selten stehe ich mit offenem Mund da, wenn ich die Gören beobachte. Rotzen den Flur voll, rempeln sich gegenseitig an, stören den Unterricht indem sie die Tische durch die Gegend werfen, tragen ihre Nasen meilenweit über dem Meeresspiegel und kreischen sinnlos herum, wenn ihnen etwas nicht passt. Manchmal sitzen 13-jährige neben mir und stinken nach Zigarettenrauch.
Aber es gibt auch eine andere Seite der Schule. Das Lehrerzimmer ist in weiß und pink gestaltet, ich fühle mich dort sehr wohl. Die Lehrer sind richtig nett und zuvorkommend, sowie interessiert und in den Unterrichtsfächern ist ihre Motivation deutlich erkennbar. Insgesamt gefällt mir die Struktur des Unterrichtens viel besser als in Deutschland. Jede Stunde verbringe ich mit einem anderen Lehrer, meistens verstehe ich kaum etwas. Die einzigen Fächer, welche mir Spaß bringen, sind Deutsch, Mathe und manchmal Erdkunde. Da kann ich wenigstens helfen. Nächste Woche habe ich hoffentlich mehr Deutsch und endlich auch mal Englisch.

Ich wurde in der Schule mehrmals für eine deutsche Schauspielerin aus einer Serie gehalten, die auch in Finnland ausgestrahlt wurde. Faszinierend, wie schnell ich zur Berühmtheit gemacht werde. Außerdem grüßen mich jetzt ständig Kinder auf der Straße und manchmal bekomme ich gebastelte Geschenke.

Heute ist ja außerdem noch der „Red Nose Day“. Die Schule veranstaltete dazu eine Schulstunde lang Kuchenessen und der Erlös kommt der Organisation zu Gute.

Es tut mir Leid, dass dieser Bericht jetzt so kurz und langweilig ist, ich habe noch 4 Tage das Praktikum und danach hoffentlich mehr Zeit und Motivation einen längeren Text zu schreiben. Täglich fahre ich 12 Km Rad, bergauf und bergab. Mein Fahrrad ist zweimal kaputt gegangen und ich durfte die restlichen Kilometer zu Fuß gehen. Zum Glück gibt es hier viele hilfsbereite Menschen, die mir bei der Reparatur geholfen haben.

Zu meinem Erschrecken, geht die Sonne immer früher unter. Mittlerweile ist es um kurz vor 17 Uhr dunkel, in zwei Monaten soll es bereits um 14 Uhr soweit sein. Deswegen bin ich jetzt auch zusätzlich zu dem Sportprogramm nicht nur schlank und rank, sondern auch vollkommen müde und demotiviert.

Ich wünsche euch jetzt ein wunderschönes Wochenende und hoffe, ihr verzeiht mir alle!
Liebe Grüße
Rica