Es wird nun Zeit sich an die Tage des vergangenen Jahres zu erinnern und eventuell ein wenig sentimental zu werden.
Hast du viel Neues ausprobiert?
Deine Ideen umgesetzt und Ziele erreicht?
Bist du zufrieden?
Was möchtest du im nächsten Jahr verändern?
Welche Momente waren für dich die schönsten und unvergesslichsten?
Sind Träume in Erfüllung gegangen?
Ich wünsche dir einen großartigen Rutsch ins neue Jahr - 2012! Denke daran, am 21.12.2012 geht wie Welt unter - also lebe, lebe richtig und bewusst!
Liebe Grüße
Rica
P.S. natürlich melde ich mich im nächsten Jahr wieder - mit dem Ziel, öfter zu schreiben. Mal sehen ob ich das umsetzen kann.
Samstag, 31. Dezember 2011
Dienstag, 27. Dezember 2011
UNO-Christmas
Am frühen Morgen des 23. Dezembers mache ich mich auf, um nach Vihti zu fahren.
In dieser Stadt möchte ich mit anderen Freiwilligen Weihnachten verbringen. Ich habe mich ziemlich spontan dafür entschieden, vorher war ich zwischen dieser und einer familiären Weihnachtsversion hin und her gerissen.
Während der fünf Stunden langen Bahnfahrt lese ich eine Anthologie verschiedener Weihnachtskrimis und bereite mich somit bestens auf das schrecklichst mögliche Szenario vor.
An diesem Tag sind viele Reisende unterwegs und da ich keine Sitzplatzreservierung habe, muss ich eine Stunde vor Helsinki meinen Sitzplatz wechseln. Mit meinem Fahrtenbären auf den Rücken gehe ich durch einige Abteile und entdecke dabei ein Reiseabteil auf, das speziell für Kinder hergerichtet ist.
Während ich mich in das Abteil darunter setze, verfliegt meine Begeisterung ziemlich schnell, denn ich höre die gesamte restliche Stunde das Rennen kleiner Füße über mir. Wie kommt man überhaupt auf die Idee ein Kinderabteil nach oben zu setzen?
Manchen männlichen Wesen fehlt es an praktischer Veranlagung.
Als ich endlich in Helsinki ankomme, kämpfe ich mich durch riesige Menschenmassen bis nach vorne an die Supermarktkasse.
Mir fehlt allmählich wirklich das Verständnis für all diejenigen, denen am Tag vor Weihnachten einfällt, dass sie noch nicht alles eingekauft haben. Es sind ja nicht einzelne Personen, nein, es sind tausende. Und die gefüllten Einkaufswagen erinnern mich an so manchen Katastrophenfilm, in dem sich die Betroffenen mit Lebensmitteln für die nächsten zwanzig Jahre eindecken.
Ob ich am Tag vor Weihnachten in Deutschland oder in Finnland den Supermarkt betrete, macht absolut keinen Unterschied.
Knapp eine Stunde später, erreiche ich den Busbahnhof und warte nur wenige Minuten auf die Abfahrt meines Busses, der mich nach Vihti bringt. Mittlerweile ist es dunkel und es regnet. Ich erinnere mich, wie ich mit der Vorfreude nach Finnland gereist bin, eine hundertprozentige Schneewahrscheinlichkeit an Weihnachten zu haben.
Als ich nach einer Stunde in der Zielstadt ankomme, sehe ich nichts. Nur eine Tankstelle und einen Supermarkt. Das ist die Innenstadt?
Doğ kommt aus der Ferne auf mich zu gelaufen. Ich erkenne ihn an seinem extrem auffälligen Gang. Er schaukelt mehr hin und her als ein Kölner nach fünf Kölsch während der Karnevalszeit. „Hast du Hunger?“, fragt er mich und zieht mich in ein kleines Restaurant, welches mir vorher nicht aufgefallen ist.
Seine Freunde sind die Betreiber des Bibers. Ich esse ein belegtes Vollkornbrötchen und kämpfe gegen ein Gähnen an. Ein Gast zeigt mir die Funktionsweise eines Spielautomaten und ich gewinne sogar einige Euros. Trotzdem ergreift mich das Gefühl nicht und ich freue mich sehr, als Doğ mich nach draußen zieht und wir uns auf den Weg machen. Nach zwei Minuten stehen wir im Supermarkt, weit geschafft haben wir es nicht. Wir kaufen noch ein paar Kleinigkeiten ein und dann gehen wir endlich los. Regen und Wind erschweren es mir, motiviert zu laufen. Mein Kumpel erzählt mir unzählige Erlebnisse während seiner Arbeit und dass er Vihti liebt. In meinen Gedanken streiche ich das Wort „Stadt“ aus meinem Vihti-Sprachschatz und ersetze es mit „Ansammlung einiger Häuser“.
„Wie viele kommen denn zum Fest“, frage ich ohne große Erwartungen und als von ihm die Antwort kommt, schlägt mein Herz aus Vorfreude. „Zehn Gäste? Das wird bestimmt richtig toll!“, sage ich und Doğ erklärt mir, dass er lieber wenige Menschen um sich herum hat. Ist ja auch selbsterklärend wenn man aus Istanbul stammt. Oder?
Immer weniger Häuser stehen an dem Weg, den wir nun einschlagen. Endlich erreichen wir das Ziel und ich werde von Tatev, Alina und Lukas begrüßt. Die Küche gefällt mir sofort. Verschiedene Bandposter hängen schief und verkehrt herum an den Wänden. Ein Küchenrollenpaket, ein Tannenzweig, Weihnachtskugeln und eine Uhr hängen an der Decke.
Schwarze Mülltüten kleben an den Wänden, drei Sessel und etliche Stühle stehen um den Küchentisch herum.
Wir verbringen den restlichen Abend in diesem Hausbereich und reden eine Menge über unsere Erfahrungen. Die vier arbeiten mit Handicap-Menschen zusammen.
An verschiedenen Orten. Es ist faszinierend, wie jeder von uns felsenfest davon überzeugt ist, den besten Arbeitsplatz zu haben.
Nachts teilen Alina und ich uns eine ausgeklappte Couch, deren Kissen sich oft selbstständig machen und ich nachts ständig wieder alle zurecht rücken muss.
Am nächsten Tag feiern wir nicht nur Heiligabend, sondern auch den Geburtstag von Tatev. Mittlerweile sind auch die anderen eingetroffen und wir sind ein bunter Haufen unterschiedlicher Nationen. Drei Türken, eine Armenierin, eine Russin, eine Polin, zwei Deutsche und ein Finne.
Den gesamten Tag verbringen wir wie bei einer typischen Geburtstagsfeier für junge Erwachsene und da sowieso der Schnee fehlt, kommen wir nicht richtig in Weihnachtsstimmung.
Das Radio spielt unentwegt Christmassongs und wir verbringen den Tag mit dem einzigen auffindbaren Kartenspiel „UNO“. Zwischendurch essen wir ziemlich viel. Da ich mir kein weiteres Fettpölsterchen zulegen will und nicht unentwegt mit den UNO-Junkies spielen will, beginne ich mit der Manipulation der Anwesenden, indem ich ihnen unauffällig die Schokoladenteile zu spiele und die anderen diese unbewusst zu sich nehmen. Eine ganze Familienpackung von „Geisha“ kann ich somit auf die Hüften aller anderer Beteiligten bringen und mich selbst davor retten.
Nach Hühnchen und Pommes zum Abendessen, folgt ein riesiger Nutellakuchen, welcher uns alle zur Kapitulation zwingt.
Den nächsten Tag verbringen wir ähnlich, nur essen wir kaum etwas. Braucht man ja auch nicht, wenn andere Dinge zur Verfügung stehen. Etwas verkatert macht ein Teil von uns einen Spaziergang durch die gefrorene Landschaft. „Wie Sie sehen, sehen Sie nichts“, lautet dabei das Motto der Landschaft.
Abends hören wir Weihnachtslieder mit Anti-Weihnachtstexten verschiedener Metal-/Rockbands. Zum Beispiel wird aus "Jingle Bells" ein "Jingle Balls" und in "Oh Christmastree" kreischt nicht nur die Kettensäge.
Unzählige UNO-Partien später, liege ich endlich wieder auf der Couch und versuche einzuschlafen. Draußen tobt ein sagenhafter Wind und die daraus entstehenden Geräusche, bauen sich automatisch in die Träume vieler Freunde, wie ich später erfahren werde.
Tatsächlich war dieses Weihnachten das beste, welches ich je erlebt habe. Ganz ohne den Geschenkestress, große Kochprozeduren, die gekünstelte Stimmung und alljährlichen Traditionen.
Am nächsten Morgen stehe ich um halb neun auf, weil ich einen der ersten Busse erwischen will. Unten sitzen bereits einige Freiwillige, die das gleiche vorhaben. Mit einem „Hier ist eine Kerze, die wirst du brauchen“, begrüßen sie mich. In der Nacht ist dank des Sturmes ein Baum auf die Stromleitung gefallen. Wer das finnische Stromnetz und deren Aufbau kennt, kann das wunderbar nachvollziehen. In Deutschland sieht man das nur noch ganz selten. Alle paar Meter stehen Holzpfähle an denen oben ein Stromkabel befestigt ist.
Ich dusche in kompletter Dunkelheit mit einem dünnen Wasserstrahl, der mit der Zeit zur Ansammlung einzelner Tropfen wird und trinke kurz darauf einen, auf dem von Holz betriebenen Ofen, erwärmten Tee. Unsere Gespräche werden von Kerzenschein verschönert und handeln nur von dem Stromproblem. Irgendwann fällt mir ein, dass ja nicht nur die Dusche, das warme Wasser und der Kühlschrank nicht mehr funktionieren, sondern auch die Toilette eventuell nicht mehr richtig arbeitet. Wie die anderen das letztendlich auf die Reihe gekriegt haben, weiß ich nicht.
Zu dritt machen wir uns überstürzt auf den Weg zur Bushaltestelle und warten dort im R-Kioski. Während der halben Stunde fällt dort mehrmals der Strom aus und wir sitzen im Dunkeln.
Draußen ist es kalt und immer noch windig. Einzelne Menschen versuchen Vihti genauso zu entkommen, wie wir. Nur kommt der Bus nicht. Irgendwann erfahren wir, dass er durch mehrere umgestürzte Bäume aufgehalten wird. Ich gucke alle paar Sekunden ungeduldig auf mein Handy. Der nächste Bus soll um 11.25 kommen. Mein Zug fährt um 12:52. Mir wird bewusst, wie knapp die Zeit ist und ich ziehe in Erwägung, zu trampen. Der nächste Zug nach Savonlinna würde vier Stunden später fahren. Und ich müsste durch die Nacht zurück zum Opisto laufen.
Endlich kommt der zweite Bus und wir schwingen uns mit eingefrorenen Gliedern hinein. Wenn man es eilig hat, dann geht irgendwie alles schief. Der Busfahrer fährt mit einem Höllentempo über die Dörfer und ich habe das Gefühl, eine alte Person mit Gehwagen würde mich lockerer schneller nach Helsinki bringen. In mir macht sich Verzweiflung breit, es fällt mir schwer mein Schicksal von einer anderen Person am Steuer abhängig zu machen.
An jeder Bushaltestelle stehen wartende Menschen und jeden Einzelnen sammeln wir ein.
Endlich gebe ich auf. Dann komme ich halt zu spät an und warte in Helsinki mit geschlossenen Läden und knurrenden Magen auf den nächsten Zug. Sind ja nur vier Stunden. Ich wende mich zu meinen Freunden und sage zu ihnen, dass es echt großartig wäre, würde der Zug wegen irgendwelcher Probleme verspätet abfahren. Einer von ihnen weist mich darauf hin, dass ich damit lieber nicht rechnen sollte.
Auf einmal hält der Fahrer an und eine Dame sagt, wir sollten jetzt den Bus wechseln,weil dieser angeblich 10 Minuten schneller in der Hauptstadt ankommen wird, als der erste. Tatsächlich fährt der neue Busfahrer so schnell, dass er auf der Autobahn etliche Autos überholen kann und ich überraschend 20 Minuten Zeit habe, um meine Fahrkarte zu kaufen und mich in den Zug zu setzen.
Doch wo ist der Freund, mit dem ich zusammen von Helsinki nach Savonlinna fahren wollte? Wir hatten uns verabredet. Nur noch zwei Minuten bis zur Abfahrt. Ich rufe ihn von dem Zug aus an und wir versuchen mit unserem kaum vorhandenen finnischen Reise-Vokabular, welches wir dringend verbessern sollten, uns zu beschreiben wo wir sind.
Während ich sage, ich befände mich in Nummer Fünf, versucht er mir klar zu machen, dass er sich auch dort befände. Mehrmals gehe ich durch das Abteil. Ich finde ihn nicht. Wieder frage ich ihn „im Zug nach Joensuu?“ und er bejaht das. Es ist mittlerweile ein Uhr und der Zug steht immer noch. Endlich wird mir bewusst, wo das Missverständnis liegt. Er spricht vom Gleis Nummer Fünf und ich vom Waggon. Gerade noch rechtzeitig können wir das klären und er rennt zum richtigen Zug.
Zwanzig Minuten nach der von Adrenalin begleiteten Suche, entschuldigt sich der Schaffner für die Unannehmlichkeiten, allerdings gäbe es technische Probleme, die durch den nächtlichen Sturm verursacht worden waren.
Ich glaube durch dieses Erlebnis, dass es so etwas wie Schicksal gibt. Und ich zuerst aufgeben und mich dem Geschehen hingeben muss, damit alles seinen Lauf nehmen kann. Letztendlich hatte ich unendlich viel Glück oder ein mich liebendes Schicksal, denn wäre der Zug pünktlich abgefahren, wäre mein Kumpel woanders hingefahren. Er hatte nicht mitgekriegt, dass das Gleis spontan verlegt wurde. Ist auch problematisch, wenn man kaum finnisch oder englisch spricht.
Auf halber Strecke verwandelt sich der Expresszug in einen Intercityzug- das habe ich meinen Lebtag noch nie erlebt.
Die Toilette hat ein Pedal mit dem man die Spülung betätigt, indem man drauf tritt. Ich war kaum überrascht, als der Zug auf einmal eine Notbremsung betätigte und wir im Nichts stehen blieben. Zum Glück nur zehn Minuten. Vielleicht hat ein Finne nur seinen Ausstieg verpasst.
In einer SMS von den in Vihti gebliebenen Freunden erfahre ich, dass der Strom noch immer nicht funktioniert und sie den gesamten Tag schlafend verbracht haben.
Abends um zwanzig Uhr komme ich endlich im Opisto an und stehe vor einem leeren Kühlschrank. Nicht so schlimm, sage ich mir und lege mich später schlafen.
In dieser Stadt möchte ich mit anderen Freiwilligen Weihnachten verbringen. Ich habe mich ziemlich spontan dafür entschieden, vorher war ich zwischen dieser und einer familiären Weihnachtsversion hin und her gerissen.
Während der fünf Stunden langen Bahnfahrt lese ich eine Anthologie verschiedener Weihnachtskrimis und bereite mich somit bestens auf das schrecklichst mögliche Szenario vor.
An diesem Tag sind viele Reisende unterwegs und da ich keine Sitzplatzreservierung habe, muss ich eine Stunde vor Helsinki meinen Sitzplatz wechseln. Mit meinem Fahrtenbären auf den Rücken gehe ich durch einige Abteile und entdecke dabei ein Reiseabteil auf, das speziell für Kinder hergerichtet ist.
Während ich mich in das Abteil darunter setze, verfliegt meine Begeisterung ziemlich schnell, denn ich höre die gesamte restliche Stunde das Rennen kleiner Füße über mir. Wie kommt man überhaupt auf die Idee ein Kinderabteil nach oben zu setzen?
Manchen männlichen Wesen fehlt es an praktischer Veranlagung.
Als ich endlich in Helsinki ankomme, kämpfe ich mich durch riesige Menschenmassen bis nach vorne an die Supermarktkasse.
Mir fehlt allmählich wirklich das Verständnis für all diejenigen, denen am Tag vor Weihnachten einfällt, dass sie noch nicht alles eingekauft haben. Es sind ja nicht einzelne Personen, nein, es sind tausende. Und die gefüllten Einkaufswagen erinnern mich an so manchen Katastrophenfilm, in dem sich die Betroffenen mit Lebensmitteln für die nächsten zwanzig Jahre eindecken.
Ob ich am Tag vor Weihnachten in Deutschland oder in Finnland den Supermarkt betrete, macht absolut keinen Unterschied.
Knapp eine Stunde später, erreiche ich den Busbahnhof und warte nur wenige Minuten auf die Abfahrt meines Busses, der mich nach Vihti bringt. Mittlerweile ist es dunkel und es regnet. Ich erinnere mich, wie ich mit der Vorfreude nach Finnland gereist bin, eine hundertprozentige Schneewahrscheinlichkeit an Weihnachten zu haben.
Als ich nach einer Stunde in der Zielstadt ankomme, sehe ich nichts. Nur eine Tankstelle und einen Supermarkt. Das ist die Innenstadt?
Doğ kommt aus der Ferne auf mich zu gelaufen. Ich erkenne ihn an seinem extrem auffälligen Gang. Er schaukelt mehr hin und her als ein Kölner nach fünf Kölsch während der Karnevalszeit. „Hast du Hunger?“, fragt er mich und zieht mich in ein kleines Restaurant, welches mir vorher nicht aufgefallen ist.
Seine Freunde sind die Betreiber des Bibers. Ich esse ein belegtes Vollkornbrötchen und kämpfe gegen ein Gähnen an. Ein Gast zeigt mir die Funktionsweise eines Spielautomaten und ich gewinne sogar einige Euros. Trotzdem ergreift mich das Gefühl nicht und ich freue mich sehr, als Doğ mich nach draußen zieht und wir uns auf den Weg machen. Nach zwei Minuten stehen wir im Supermarkt, weit geschafft haben wir es nicht. Wir kaufen noch ein paar Kleinigkeiten ein und dann gehen wir endlich los. Regen und Wind erschweren es mir, motiviert zu laufen. Mein Kumpel erzählt mir unzählige Erlebnisse während seiner Arbeit und dass er Vihti liebt. In meinen Gedanken streiche ich das Wort „Stadt“ aus meinem Vihti-Sprachschatz und ersetze es mit „Ansammlung einiger Häuser“.
„Wie viele kommen denn zum Fest“, frage ich ohne große Erwartungen und als von ihm die Antwort kommt, schlägt mein Herz aus Vorfreude. „Zehn Gäste? Das wird bestimmt richtig toll!“, sage ich und Doğ erklärt mir, dass er lieber wenige Menschen um sich herum hat. Ist ja auch selbsterklärend wenn man aus Istanbul stammt. Oder?
Immer weniger Häuser stehen an dem Weg, den wir nun einschlagen. Endlich erreichen wir das Ziel und ich werde von Tatev, Alina und Lukas begrüßt. Die Küche gefällt mir sofort. Verschiedene Bandposter hängen schief und verkehrt herum an den Wänden. Ein Küchenrollenpaket, ein Tannenzweig, Weihnachtskugeln und eine Uhr hängen an der Decke.
Schwarze Mülltüten kleben an den Wänden, drei Sessel und etliche Stühle stehen um den Küchentisch herum.
Wir verbringen den restlichen Abend in diesem Hausbereich und reden eine Menge über unsere Erfahrungen. Die vier arbeiten mit Handicap-Menschen zusammen.
An verschiedenen Orten. Es ist faszinierend, wie jeder von uns felsenfest davon überzeugt ist, den besten Arbeitsplatz zu haben.
Nachts teilen Alina und ich uns eine ausgeklappte Couch, deren Kissen sich oft selbstständig machen und ich nachts ständig wieder alle zurecht rücken muss.
Am nächsten Tag feiern wir nicht nur Heiligabend, sondern auch den Geburtstag von Tatev. Mittlerweile sind auch die anderen eingetroffen und wir sind ein bunter Haufen unterschiedlicher Nationen. Drei Türken, eine Armenierin, eine Russin, eine Polin, zwei Deutsche und ein Finne.
Den gesamten Tag verbringen wir wie bei einer typischen Geburtstagsfeier für junge Erwachsene und da sowieso der Schnee fehlt, kommen wir nicht richtig in Weihnachtsstimmung.
Das Radio spielt unentwegt Christmassongs und wir verbringen den Tag mit dem einzigen auffindbaren Kartenspiel „UNO“. Zwischendurch essen wir ziemlich viel. Da ich mir kein weiteres Fettpölsterchen zulegen will und nicht unentwegt mit den UNO-Junkies spielen will, beginne ich mit der Manipulation der Anwesenden, indem ich ihnen unauffällig die Schokoladenteile zu spiele und die anderen diese unbewusst zu sich nehmen. Eine ganze Familienpackung von „Geisha“ kann ich somit auf die Hüften aller anderer Beteiligten bringen und mich selbst davor retten.
Nach Hühnchen und Pommes zum Abendessen, folgt ein riesiger Nutellakuchen, welcher uns alle zur Kapitulation zwingt.
Den nächsten Tag verbringen wir ähnlich, nur essen wir kaum etwas. Braucht man ja auch nicht, wenn andere Dinge zur Verfügung stehen. Etwas verkatert macht ein Teil von uns einen Spaziergang durch die gefrorene Landschaft. „Wie Sie sehen, sehen Sie nichts“, lautet dabei das Motto der Landschaft.
Abends hören wir Weihnachtslieder mit Anti-Weihnachtstexten verschiedener Metal-/Rockbands. Zum Beispiel wird aus "Jingle Bells" ein "Jingle Balls" und in "Oh Christmastree" kreischt nicht nur die Kettensäge.
Unzählige UNO-Partien später, liege ich endlich wieder auf der Couch und versuche einzuschlafen. Draußen tobt ein sagenhafter Wind und die daraus entstehenden Geräusche, bauen sich automatisch in die Träume vieler Freunde, wie ich später erfahren werde.
Tatsächlich war dieses Weihnachten das beste, welches ich je erlebt habe. Ganz ohne den Geschenkestress, große Kochprozeduren, die gekünstelte Stimmung und alljährlichen Traditionen.
Am nächsten Morgen stehe ich um halb neun auf, weil ich einen der ersten Busse erwischen will. Unten sitzen bereits einige Freiwillige, die das gleiche vorhaben. Mit einem „Hier ist eine Kerze, die wirst du brauchen“, begrüßen sie mich. In der Nacht ist dank des Sturmes ein Baum auf die Stromleitung gefallen. Wer das finnische Stromnetz und deren Aufbau kennt, kann das wunderbar nachvollziehen. In Deutschland sieht man das nur noch ganz selten. Alle paar Meter stehen Holzpfähle an denen oben ein Stromkabel befestigt ist.
Ich dusche in kompletter Dunkelheit mit einem dünnen Wasserstrahl, der mit der Zeit zur Ansammlung einzelner Tropfen wird und trinke kurz darauf einen, auf dem von Holz betriebenen Ofen, erwärmten Tee. Unsere Gespräche werden von Kerzenschein verschönert und handeln nur von dem Stromproblem. Irgendwann fällt mir ein, dass ja nicht nur die Dusche, das warme Wasser und der Kühlschrank nicht mehr funktionieren, sondern auch die Toilette eventuell nicht mehr richtig arbeitet. Wie die anderen das letztendlich auf die Reihe gekriegt haben, weiß ich nicht.
Zu dritt machen wir uns überstürzt auf den Weg zur Bushaltestelle und warten dort im R-Kioski. Während der halben Stunde fällt dort mehrmals der Strom aus und wir sitzen im Dunkeln.
Draußen ist es kalt und immer noch windig. Einzelne Menschen versuchen Vihti genauso zu entkommen, wie wir. Nur kommt der Bus nicht. Irgendwann erfahren wir, dass er durch mehrere umgestürzte Bäume aufgehalten wird. Ich gucke alle paar Sekunden ungeduldig auf mein Handy. Der nächste Bus soll um 11.25 kommen. Mein Zug fährt um 12:52. Mir wird bewusst, wie knapp die Zeit ist und ich ziehe in Erwägung, zu trampen. Der nächste Zug nach Savonlinna würde vier Stunden später fahren. Und ich müsste durch die Nacht zurück zum Opisto laufen.
Endlich kommt der zweite Bus und wir schwingen uns mit eingefrorenen Gliedern hinein. Wenn man es eilig hat, dann geht irgendwie alles schief. Der Busfahrer fährt mit einem Höllentempo über die Dörfer und ich habe das Gefühl, eine alte Person mit Gehwagen würde mich lockerer schneller nach Helsinki bringen. In mir macht sich Verzweiflung breit, es fällt mir schwer mein Schicksal von einer anderen Person am Steuer abhängig zu machen.
An jeder Bushaltestelle stehen wartende Menschen und jeden Einzelnen sammeln wir ein.
Endlich gebe ich auf. Dann komme ich halt zu spät an und warte in Helsinki mit geschlossenen Läden und knurrenden Magen auf den nächsten Zug. Sind ja nur vier Stunden. Ich wende mich zu meinen Freunden und sage zu ihnen, dass es echt großartig wäre, würde der Zug wegen irgendwelcher Probleme verspätet abfahren. Einer von ihnen weist mich darauf hin, dass ich damit lieber nicht rechnen sollte.
Auf einmal hält der Fahrer an und eine Dame sagt, wir sollten jetzt den Bus wechseln,weil dieser angeblich 10 Minuten schneller in der Hauptstadt ankommen wird, als der erste. Tatsächlich fährt der neue Busfahrer so schnell, dass er auf der Autobahn etliche Autos überholen kann und ich überraschend 20 Minuten Zeit habe, um meine Fahrkarte zu kaufen und mich in den Zug zu setzen.
Doch wo ist der Freund, mit dem ich zusammen von Helsinki nach Savonlinna fahren wollte? Wir hatten uns verabredet. Nur noch zwei Minuten bis zur Abfahrt. Ich rufe ihn von dem Zug aus an und wir versuchen mit unserem kaum vorhandenen finnischen Reise-Vokabular, welches wir dringend verbessern sollten, uns zu beschreiben wo wir sind.
Während ich sage, ich befände mich in Nummer Fünf, versucht er mir klar zu machen, dass er sich auch dort befände. Mehrmals gehe ich durch das Abteil. Ich finde ihn nicht. Wieder frage ich ihn „im Zug nach Joensuu?“ und er bejaht das. Es ist mittlerweile ein Uhr und der Zug steht immer noch. Endlich wird mir bewusst, wo das Missverständnis liegt. Er spricht vom Gleis Nummer Fünf und ich vom Waggon. Gerade noch rechtzeitig können wir das klären und er rennt zum richtigen Zug.
Zwanzig Minuten nach der von Adrenalin begleiteten Suche, entschuldigt sich der Schaffner für die Unannehmlichkeiten, allerdings gäbe es technische Probleme, die durch den nächtlichen Sturm verursacht worden waren.
Ich glaube durch dieses Erlebnis, dass es so etwas wie Schicksal gibt. Und ich zuerst aufgeben und mich dem Geschehen hingeben muss, damit alles seinen Lauf nehmen kann. Letztendlich hatte ich unendlich viel Glück oder ein mich liebendes Schicksal, denn wäre der Zug pünktlich abgefahren, wäre mein Kumpel woanders hingefahren. Er hatte nicht mitgekriegt, dass das Gleis spontan verlegt wurde. Ist auch problematisch, wenn man kaum finnisch oder englisch spricht.
Auf halber Strecke verwandelt sich der Expresszug in einen Intercityzug- das habe ich meinen Lebtag noch nie erlebt.
Die Toilette hat ein Pedal mit dem man die Spülung betätigt, indem man drauf tritt. Ich war kaum überrascht, als der Zug auf einmal eine Notbremsung betätigte und wir im Nichts stehen blieben. Zum Glück nur zehn Minuten. Vielleicht hat ein Finne nur seinen Ausstieg verpasst.
In einer SMS von den in Vihti gebliebenen Freunden erfahre ich, dass der Strom noch immer nicht funktioniert und sie den gesamten Tag schlafend verbracht haben.
Abends um zwanzig Uhr komme ich endlich im Opisto an und stehe vor einem leeren Kühlschrank. Nicht so schlimm, sage ich mir und lege mich später schlafen.
Montag, 19. Dezember 2011
Yeah!
In den letzten beiden Wochen hatte ich enormen Stress. Vormittags finnisch lernen, nachmittags unzählige Band- und Chorproben. Abends Chorauftritte. Einmal fuhren wir in ein Dorf und sangen für zwanzig ältere Menschen die finnischen Weihnachtslieder. Bei jedem der Auftritte wurde eine Tombola veranstaltet. Eigentlich gewinne ich nur ziemlich selten etwas, dieses Mal hatte ich eine Menge Glück. Ich gewann Schokolade und Kerzen – einfach nur großartig. Mir wird gerade bewusst, wie weit ich mich in den vier Monaten entwickelt habe. Bis vor kurzem konnte ich nicht vor Fremden Piano spielen. Gestern hatten wir einen Bandauftritt bei der Weihnachtsshow und ich habe vor 200 Zuschauern gespielt und sogar gesungen. Ich bin unglaublich zufrieden mit mir. Auch weil ich die finnische Sprache immer mehr beherrsche und sogar schon richtige Texte schreiben kann. Außerdem habe ich in jeder Weihnachtsshow meine Solostrophe von „Stille Nacht, heilige Nacht“ gehabt. Dadurch, dass ich ständig ins kalte Wasser geworfen werde, wachse ich im hohen Tempo über mich hinaus.
Wenn ich vor anderen Menschen spreche, bin ich absolut nicht mehr nervös, obwohl ich viele Fehler in der für mich neuen Sprache mache. Das freiwillige Jahr zeigt mir, wo meine Stärken liegen, nur meine Schwächen schwinden so dahin. Früher habe ich eher meine Probleme und Macken gezeigt, jetzt zeige ich viel mehr, was in mir steckt.
Daraus resultiert allerdings, dass ich nicht mehr weiß, was ich nach dem FSJ machen soll. Vorher kannte ich nur einen kleinen Teil meiner Fähigkeiten und das schränkte die Möglichkeiten ungemein ein. Nun interessiert mich unzähliges. Hoffentlich geht die Entwicklung in dem nächsten halben Jahr noch verstärkt weiter.
Ich empfehle jedem, der sich in einer „Wer bin ich eigentlich?“-Phase befindet, ähnliches zu tun. Das bekannte Umfeld für eine Weile zu verlassen und irgendwo ganz neu anzufangen. Ein halbes oder sogar ganzes Jahr lang.
Natürlich weiß ich, dass nicht jeder so eine Veränderung durchmacht. Hierbei kommt es wirklich darauf an, einen Weg zu finden, sich selbst ausprobieren zu können und Menschen zu haben, die einem das ermöglichen oder darin bestärken. Ich habe hier keinen, der mir sagt: „Das kannst du nicht. Lass das lieber.“ Im Gegenteil. Viele sind sogar sehr interessiert indem was ich ausprobiere.
Ich hab zwar kaum finnische Freunde, dafür jedoch unzählige aus anderen Ländern und Kulturen. Ich spreche zwar kein umgangssprachliches, dafür das schriftliche und grammatisch korrekte Finnisch. Tango kann ich immer noch nicht tanzen, dafür kenne ich unzählige finnische Weihnachtslieder und kann die singen. Das Nordlicht habe ich auch nicht gesehen, dafür sprang ich jeden Monat mehrmals nach der Sauna in den See – selbst im Dezember und trotz des vereisten Stegs. Finnland ist zwar unendlich langweilig, besonders wenn man weit entfernt von der nächsten Großstadt lebt, dafür habe ich allerdings bereits unzählige Filme gesehen – überwiegend Horror- und Actionfilme, die ich in Deutschland eher nicht angeguckt hätte.
Es gibt viele Vor- und Nachteile. Ich wüsste schon gerne, wie ich das Leben in einer asiatischen oder afrikanischen Kultur gemeistert hätte und würde das am liebsten nach diesem Jahr ausprobieren. Allerdings habe ich bis heute hier in Finnland etliche Erfahrungen gemacht und kann endlich ein bisschen stolz auf mich sein.
Wenn ich vor anderen Menschen spreche, bin ich absolut nicht mehr nervös, obwohl ich viele Fehler in der für mich neuen Sprache mache. Das freiwillige Jahr zeigt mir, wo meine Stärken liegen, nur meine Schwächen schwinden so dahin. Früher habe ich eher meine Probleme und Macken gezeigt, jetzt zeige ich viel mehr, was in mir steckt.
Daraus resultiert allerdings, dass ich nicht mehr weiß, was ich nach dem FSJ machen soll. Vorher kannte ich nur einen kleinen Teil meiner Fähigkeiten und das schränkte die Möglichkeiten ungemein ein. Nun interessiert mich unzähliges. Hoffentlich geht die Entwicklung in dem nächsten halben Jahr noch verstärkt weiter.
Ich empfehle jedem, der sich in einer „Wer bin ich eigentlich?“-Phase befindet, ähnliches zu tun. Das bekannte Umfeld für eine Weile zu verlassen und irgendwo ganz neu anzufangen. Ein halbes oder sogar ganzes Jahr lang.
Natürlich weiß ich, dass nicht jeder so eine Veränderung durchmacht. Hierbei kommt es wirklich darauf an, einen Weg zu finden, sich selbst ausprobieren zu können und Menschen zu haben, die einem das ermöglichen oder darin bestärken. Ich habe hier keinen, der mir sagt: „Das kannst du nicht. Lass das lieber.“ Im Gegenteil. Viele sind sogar sehr interessiert indem was ich ausprobiere.
Ich hab zwar kaum finnische Freunde, dafür jedoch unzählige aus anderen Ländern und Kulturen. Ich spreche zwar kein umgangssprachliches, dafür das schriftliche und grammatisch korrekte Finnisch. Tango kann ich immer noch nicht tanzen, dafür kenne ich unzählige finnische Weihnachtslieder und kann die singen. Das Nordlicht habe ich auch nicht gesehen, dafür sprang ich jeden Monat mehrmals nach der Sauna in den See – selbst im Dezember und trotz des vereisten Stegs. Finnland ist zwar unendlich langweilig, besonders wenn man weit entfernt von der nächsten Großstadt lebt, dafür habe ich allerdings bereits unzählige Filme gesehen – überwiegend Horror- und Actionfilme, die ich in Deutschland eher nicht angeguckt hätte.
Es gibt viele Vor- und Nachteile. Ich wüsste schon gerne, wie ich das Leben in einer asiatischen oder afrikanischen Kultur gemeistert hätte und würde das am liebsten nach diesem Jahr ausprobieren. Allerdings habe ich bis heute hier in Finnland etliche Erfahrungen gemacht und kann endlich ein bisschen stolz auf mich sein.
Freitag, 16. Dezember 2011
Fazit
Wir schreiben den 16. Dezember 2012.
Das Selbstexperiment „internetfreies Leben“ wurde vorerst unterbrochen. Nach einer einwöchigen Beobachtung der Versuchsperson wurde festgestellt, eine weitere Durchführung des Tests könnte erhebliche psychische sowie auch physische Schäden hinterlassen. Bereits wenige Stunden nach der unterbrochenen Internetverbindung, konnte ein durchaus seltsames, jedoch typisches Verhalten beobachtet werden. Besagte Person öffnete alle paar Minuten die Systemsteuerung des Computers und probierte mit dem vorhandenen Wissen und einigen logischen Überlegungen das Internet am Laptop zu reparieren. Nach einigen Versuchen begriff sie (die Testperson), dass sämtliche Treiber und andere mögliche Problematiken nichts mit dem Hauptproblem zu tun hatten.
Die darauffolgende Konsequenz bestand daraus, dass das Versuchsobjekt morgens 20 Minuten früher auf stand, um im Computerraum der Schule ihr Defizit decken. Auf Bitten anderer, doch endlich Platz zu machen, reagierte sie leicht gereizt, jedoch mehr mit einem Ton, der an ein kleines Kind erinnert, welches unbedingt ein Eis haben oder noch nicht ins Bett gehen will.
An den darauf folgenden Tagen machte die Versuchsperson allerdings eine interessante Entwicklung durch. Sie begann ihr Defizit anders zu füllen, indem sie täglich unzählige Überstunden machte und abends erst sehr spät in ihr Zimmer ging.
Weitere Veränderungen: lautes Jammern, tiefe Augenringe (aufgrund der Überstunden und des früheren Aufstehens), leises Jammern, lautes Äußern von „Langeweile“, vermehrtes Lesen von Büchern und Zeitschriften jeglicher Sprachen, häufiges Backen von Keksen (sehr zur Freude anderer Menschen, die davon profitierten).
Vorläufiges Fazit: Ob die Testperson eine gute oder negative Entwicklung erlebt hat, kann noch nicht beurteilt werden. Immerhin war es erstmals ein kleiner Erfolg, schließlich profitierten davon andere Personen.
Das Selbstexperiment „internetfreies Leben“ wurde vorerst unterbrochen. Nach einer einwöchigen Beobachtung der Versuchsperson wurde festgestellt, eine weitere Durchführung des Tests könnte erhebliche psychische sowie auch physische Schäden hinterlassen. Bereits wenige Stunden nach der unterbrochenen Internetverbindung, konnte ein durchaus seltsames, jedoch typisches Verhalten beobachtet werden. Besagte Person öffnete alle paar Minuten die Systemsteuerung des Computers und probierte mit dem vorhandenen Wissen und einigen logischen Überlegungen das Internet am Laptop zu reparieren. Nach einigen Versuchen begriff sie (die Testperson), dass sämtliche Treiber und andere mögliche Problematiken nichts mit dem Hauptproblem zu tun hatten.
Die darauffolgende Konsequenz bestand daraus, dass das Versuchsobjekt morgens 20 Minuten früher auf stand, um im Computerraum der Schule ihr Defizit decken. Auf Bitten anderer, doch endlich Platz zu machen, reagierte sie leicht gereizt, jedoch mehr mit einem Ton, der an ein kleines Kind erinnert, welches unbedingt ein Eis haben oder noch nicht ins Bett gehen will.
An den darauf folgenden Tagen machte die Versuchsperson allerdings eine interessante Entwicklung durch. Sie begann ihr Defizit anders zu füllen, indem sie täglich unzählige Überstunden machte und abends erst sehr spät in ihr Zimmer ging.
Weitere Veränderungen: lautes Jammern, tiefe Augenringe (aufgrund der Überstunden und des früheren Aufstehens), leises Jammern, lautes Äußern von „Langeweile“, vermehrtes Lesen von Büchern und Zeitschriften jeglicher Sprachen, häufiges Backen von Keksen (sehr zur Freude anderer Menschen, die davon profitierten).
Vorläufiges Fazit: Ob die Testperson eine gute oder negative Entwicklung erlebt hat, kann noch nicht beurteilt werden. Immerhin war es erstmals ein kleiner Erfolg, schließlich profitierten davon andere Personen.
Sonntag, 11. Dezember 2011
am Rande
Letzten Donnerstag habe ich mich ganz kurz gefragt, was ich ohne Internet am Wochenende machen würde. Klar kommt es echt auf das Alter an, aber ich beziehe mich mal damit auf die typische Facebookfraktion. Wie viele Bücher liegen bei euch noch herum, die ihr eigentlich schon lange mal angefangen haben wolltet? Wie viel hättet ihr wohl schon für die nächste Prüfung gelernt, wäre das Internet euch nicht in die Quere gekommen? Während sich bei euch der Staub auf dem Schreibtisch sammelt, das Essen auf dem Teller vertrocknet und der Hund neben euch bereits die vierte Leine gelegt hat und in mehrfachen Verkreuzungen der beiden Hinterbeine nur noch jämmerliche letzte Quietsch- und Seufztöne von sich gibt, sitzt ihr nur mal kurz „fünf Minuten“ am Computer und guckt bereits zum siebzehnten Mal, in dieser Stunde, nach ob euch eine neue Nachricht erreicht hat.
Da ich hier in Savonlinna zu dieser Zeit nahezu nichts machen kann, kam ich zu dem Entschluss, dass ein Wochenende ohne Internet und andere Beschäftigungen, die es hier ohnehin nicht gibt, ein Weltuntergang oder zumindest ein Fiasko wäre.
Tja, ich wurde besserem belehrt. Gleich am Freitagmorgen leuchtete ein Zeichen auf, als ich den Laptop hoch gefahren hatte. Internet.. irgendetwas stimmt mit dem Router nicht. Doch der ist leider in einem Raum in einem anderen Haus eingesperrt, sodass ich da nicht mal kurz dran käme.
Da ich hier in Savonlinna zu dieser Zeit nahezu nichts machen kann, kam ich zu dem Entschluss, dass ein Wochenende ohne Internet und andere Beschäftigungen, die es hier ohnehin nicht gibt, ein Weltuntergang oder zumindest ein Fiasko wäre.
Tja, ich wurde besserem belehrt. Gleich am Freitagmorgen leuchtete ein Zeichen auf, als ich den Laptop hoch gefahren hatte. Internet.. irgendetwas stimmt mit dem Router nicht. Doch der ist leider in einem Raum in einem anderen Haus eingesperrt, sodass ich da nicht mal kurz dran käme.
Mir blieb die Hoffnung, dass sich das mit der Zeit von selbst auflöste. Die Zeit ging um, änderte allerdings absolut nichts.
Immerhin hatte ich endlich eine Gelegenheit einen Spaziergang durch die nächtliche Schneelandschaft zu machen, ein Buch und eine Zeitschrift durchzulesen. Mehrere Filme zum wiederholten Male anzugucken. Zwei Stunden nur auf dem Bett zu liegen und Musik zu hören. Mein Zimmer gründlich aufzuräumen. Jetzt ist Sonntagmorgen. Immer noch keine Veränderungen.
Das Wochenende war jetzt allerdings nicht ganz ohne Internet, zum Glück funktionierte es in der Sc
Meine Feststellung ist jedoch, alle Menschen die wie ich gerne jeden Abend den sie alleine zu Hause verbringen und ihn im Netz vertrödeln, sind verdammt arm dran.
Wir verpassen das Leben, das richtige genussvolle Leben. Statt uns an den Herd zu stellen und uns etwas ganz leckeres mit stundenlanger Zubereitung zu kochen, tut es eine Pizza oder ein Fertiggericht. Es gibt ja noch eine Stufe schlimmer Betroffene, diejenigen die selbst beim Ausgehen stets posten müssen, wo, mit wem und warum sie irgendwo sind. Toll.
Klar, niemand will zugeben, dass er vom Internet abhängig ist. Aber ist es nicht ganz einfach festzustellen? Wann hast du das letzte Mal abends den Laptop nur zum Musik hören benutzt und dich hingesetzt, um nur etwas wie zum Beispiel ein Buch zu lesen? Wie oft wanderten dabei deine Gedanken an deinen Nachrichtenaccount?
Ich glaube, um diese freien Abende erleben zu können, muss das Internet ausfallen. Obwohl viele Menschen dann ihren Tag damit verbringen, irgendwie das Internet wiederzubeleben, anstatt sich die Zeit anders zu nutze zu machen. Traurig, aber wahr.
Den größten Gefallen, den man seinen Kindern machen kann, ist ihnen erst ab dem Alter von 16 einen eigenen Computer zu erlauben und vorher stets darauf zu achten, dass die Kleinen nur eine Stunde am Tag daran sitzen. Langeweile macht kreativ. Wie viel Zeit haben wir früher im Wald und auf den Wiesen verbracht? Heute erlebe ich das nur, wenn ich mit den Pfadfindern ohne Handys und Laptops wandern gehe. Diese Auszeiten heilen die Seele.
Nachrichten kann man ja auch in der Zeitung lesen, am nächsten Tag. Oder einfach das Radio anschalten. Filme gibt es in den aussterbenden Videotheken. Zur nächsten Party kann man Freunde per Brief oder Anruf einladen, ist doch ohnehin viel persönlicher und schöner. Außerdem hat heutzutage nahezu jeder eine Telefonflatrate. Bücher fühlen sich viel schöner in der Hand an und lassen sich besser lesen, als die Texte im Internet. Wie viele Spiele stehen seit Jahren unberührt im Schrank? Warum müssen wir stets erreichbar sein? Würde es sich um etwas dringendes handeln, könnte die andere Person doch auch kurz anrufen.
Ist es nicht amüsant, dass viele mit „ich mache gerade nichts“ antworten, wenn sie mit anderen chatten und danach gefragt werden? Nichts. Unter nichts versteht man im Internet herum zu surfen und Musik zu hören. Mittlerweile fragt kaum einer mehr, was man am letzten Abend gemacht hat. Als Antwort käme sowieso nur ein „Nichts“ oder „das Übliche“. Wäre es nicht toller, mit einem „Hab meine Lieblings-CD gehört, die ich in den tiefen meines Regals wiedergefunden habe und dabei das Buch gelesen, das du mir neulich empfohlen hast.“ antworten zu können? Daraufhin ergäbe sich dann sogar höchstwahrscheinlich ein interessantes Gespräch über die Musik oder den Roman. Auf „Nichts“ kann man schließlich kaum etwas anderes als „ich auch“ erwidern.
Ich gebe zu, ich beneide jeden, der nicht täglich ins Internet geht. Statt zu chatten, würde ich auch gerne wieder viel mehr Briefe oder Emails schreiben und lesen.
Zum Abschluss würde ich gerne sagen, dass ich mich nun ändern und nur alle paar Tage ins Netz gehen werde. Doch das wäre sicherlich gelogen.
Das einzige was ich für mich daraus ziehen kann, ist dass ich versuchen werde, etwas weniger online zu gehen. Mir etwas bewusster mache, wie viel Zeit ich damit verplempere und meine Prioritäten langsam ändern werde. Vielleicht. Hoffentlich.
Immerhin hatte ich endlich eine Gelegenheit einen Spaziergang durch die nächtliche Schneelandschaft zu machen, ein Buch und eine Zeitschrift durchzulesen. Mehrere Filme zum wiederholten Male anzugucken. Zwei Stunden nur auf dem Bett zu liegen und Musik zu hören. Mein Zimmer gründlich aufzuräumen. Jetzt ist Sonntagmorgen. Immer noch keine Veränderungen.
Das Wochenende war jetzt allerdings nicht ganz ohne Internet, zum Glück funktionierte es in der Sc
Meine Feststellung ist jedoch, alle Menschen die wie ich gerne jeden Abend den sie alleine zu Hause verbringen und ihn im Netz vertrödeln, sind verdammt arm dran.
Wir verpassen das Leben, das richtige genussvolle Leben. Statt uns an den Herd zu stellen und uns etwas ganz leckeres mit stundenlanger Zubereitung zu kochen, tut es eine Pizza oder ein Fertiggericht. Es gibt ja noch eine Stufe schlimmer Betroffene, diejenigen die selbst beim Ausgehen stets posten müssen, wo, mit wem und warum sie irgendwo sind. Toll.
Klar, niemand will zugeben, dass er vom Internet abhängig ist. Aber ist es nicht ganz einfach festzustellen? Wann hast du das letzte Mal abends den Laptop nur zum Musik hören benutzt und dich hingesetzt, um nur etwas wie zum Beispiel ein Buch zu lesen? Wie oft wanderten dabei deine Gedanken an deinen Nachrichtenaccount?
Ich glaube, um diese freien Abende erleben zu können, muss das Internet ausfallen. Obwohl viele Menschen dann ihren Tag damit verbringen, irgendwie das Internet wiederzubeleben, anstatt sich die Zeit anders zu nutze zu machen. Traurig, aber wahr.
Den größten Gefallen, den man seinen Kindern machen kann, ist ihnen erst ab dem Alter von 16 einen eigenen Computer zu erlauben und vorher stets darauf zu achten, dass die Kleinen nur eine Stunde am Tag daran sitzen. Langeweile macht kreativ. Wie viel Zeit haben wir früher im Wald und auf den Wiesen verbracht? Heute erlebe ich das nur, wenn ich mit den Pfadfindern ohne Handys und Laptops wandern gehe. Diese Auszeiten heilen die Seele.
Nachrichten kann man ja auch in der Zeitung lesen, am nächsten Tag. Oder einfach das Radio anschalten. Filme gibt es in den aussterbenden Videotheken. Zur nächsten Party kann man Freunde per Brief oder Anruf einladen, ist doch ohnehin viel persönlicher und schöner. Außerdem hat heutzutage nahezu jeder eine Telefonflatrate. Bücher fühlen sich viel schöner in der Hand an und lassen sich besser lesen, als die Texte im Internet. Wie viele Spiele stehen seit Jahren unberührt im Schrank? Warum müssen wir stets erreichbar sein? Würde es sich um etwas dringendes handeln, könnte die andere Person doch auch kurz anrufen.
Ist es nicht amüsant, dass viele mit „ich mache gerade nichts“ antworten, wenn sie mit anderen chatten und danach gefragt werden? Nichts. Unter nichts versteht man im Internet herum zu surfen und Musik zu hören. Mittlerweile fragt kaum einer mehr, was man am letzten Abend gemacht hat. Als Antwort käme sowieso nur ein „Nichts“ oder „das Übliche“. Wäre es nicht toller, mit einem „Hab meine Lieblings-CD gehört, die ich in den tiefen meines Regals wiedergefunden habe und dabei das Buch gelesen, das du mir neulich empfohlen hast.“ antworten zu können? Daraufhin ergäbe sich dann sogar höchstwahrscheinlich ein interessantes Gespräch über die Musik oder den Roman. Auf „Nichts“ kann man schließlich kaum etwas anderes als „ich auch“ erwidern.
Ich gebe zu, ich beneide jeden, der nicht täglich ins Internet geht. Statt zu chatten, würde ich auch gerne wieder viel mehr Briefe oder Emails schreiben und lesen.
Zum Abschluss würde ich gerne sagen, dass ich mich nun ändern und nur alle paar Tage ins Netz gehen werde. Doch das wäre sicherlich gelogen.
Das einzige was ich für mich daraus ziehen kann, ist dass ich versuchen werde, etwas weniger online zu gehen. Mir etwas bewusster mache, wie viel Zeit ich damit verplempere und meine Prioritäten langsam ändern werde. Vielleicht. Hoffentlich.
Sonntag, 4. Dezember 2011
finnische Nacht
Es ist noch ziemlich dunkel draußen als ich aufwache. Verschlafen setze ich mich auf, gucke zum Fenster und stelle fest, dass ich ziemlich hungrig bin. Mein Magen knurrt als hätte er vor zwei Tagen das letzte Mal etwas zu verarbeiten gehabt.
Schlaftrunken suche ich nach meinen Hausschuhen, irgendwo in der Nähe des Bettes hatte ich sie doch abgestellt, hoffe ich mich richtig zu erinnern.
Endlich finde ich sie, stehe auf und schleiche mich die Treppe hinunter. Versuche ich zumindest.
Die Hausschuhe sind zu breit und zu groß. Jeder Schritt klingt nach dem eines Elefanten.
Beinahe stoße ich mit meinem Kopf gegen das abgesenkte Deckenstück ganz unten am Ende der Treppe. Gerade noch mal gut gegangen, denke ich mir und bewege mich in die Küche. Während der Wasserkocher mir das Leitungswasser erhitzt, welches ich später mit einem Teebeutel bekömmlicher machen werde, suche ich im Kühlschrank nach einer brauchbaren Mahlzeit.
In diesem Moment erinnere ich mich an meinen Vater, der fast jede Nacht zur gleichen Uhrzeit vor dem Kühlschrank aufzufinden ist – stets in der Hand ein Jogurt - halb schlafwandelnd und in den Fängen des Gewohnheitstieres gefangen.
Ich mag diese Milchprodukte allerdings nicht, deswegen muss ich mich mit etwas anderem begnügen. Ein Stück Gurke wird es tun, entscheide ich mich. Der Teebeutel färbt kurz darauf das Wasser in meiner Tasse rot. Rot. Weihnachten, ja das steht ja kurz vor der Tür. Mit ihm kommt nicht nur der Schnee, sondern auch die besinnliche und friedvolle Stimmung. Zumindest in christlichen und kriegfreien Ländern - und in den Haushalten, in denen niemand dem Geschenkekaufstress unterliegt.
Auf das Fest der Feste bin ich nicht wirklich vorbereitet, zwar singen wir hier ständig Weihnachtslieder, die ich echt nicht mehr hören, geschweige denn singen kann. Im Festsaal steht sogar ein riesiger Weihnachtsbaum, der einem Kinderbuch entsprungen sein könnte. Engel- und Weihnachtsmannfiguren dekorien Wände, Tische und Weihnachtssterne, also die Pflanzen, stehen überall herum. Bevor ich nach Finnland kam, wusste ich zwar dass der Weihnachtsmann hier aus der Nähe stammte, allerdings habe ich nicht einmal daran gedacht, wie Finnen zu der Dezemberzeit agieren.
Wohl möglich herrscht hier im Opisto ein Ausnahmestand und nicht jeder finnische Haushalt ist genauso. Ich weiß es nicht. Ich könnte es mir jedoch richtig gut vorstellen. Täglich spielt ein CD-Player Weihnachtsmusik, häufig singen schiefe Kinderstimmen die Texte hinunter, als würden sie sonst die Rute und Kartoffeln zu Weihnachten bekommen. Apropos, so langsam verstehe ich, warum Kindern die Rute und ja besonders Kartoffeln angedroht werden. Diese fragwürdige Tradition zum Bravmachen aller Kinder, stammt gewiss aus Finnland. Aus dem Land der täglichen Kartoffelmahlzeiten.
Doch ich möchte ganz ehrlich zu geben, würde ich hier leben und Kinder haben, wahrscheinlich täte ich es genauso. Statt der stillen Treppe und Stubenarrest drohe ich den lieben Rotzbengeln die Erdknollen zu Weihnachten und ihren Geburtstagen an. Da stellt sich nur eine Frage, ob das als Erziehungsmaßnahme vertretbar ist oder ob ein Gesetz veranlasst, jeden Verfechter dieser Methode hinter Schloss und Riegel zu bringen.
Zum Glück habe ich momentan keine Kinder (in Planung) und muss mich mit dieser Frage noch nicht großartig auseinander setzen.
Nun gut, ich trinke meinen Tee und erklimme die Treppe, bewege mich in Richtung meines Bettes und lege mich hinein. Mein Rücken schmerzt von der durch gelegenen Matratze, auf der zuvor mindestens tausend Menschen geschlafen haben. Die dünne Decke ziehe ich mir bis zum Kinn, schließe die Augen und versuche mir so etwas wie imaginäre hüpfende Schäfchen vorzustellen, ihre wolligen Rücken wunderschön mit Zahlen verziert.
Schlaftrunken suche ich nach meinen Hausschuhen, irgendwo in der Nähe des Bettes hatte ich sie doch abgestellt, hoffe ich mich richtig zu erinnern.
Endlich finde ich sie, stehe auf und schleiche mich die Treppe hinunter. Versuche ich zumindest.
Die Hausschuhe sind zu breit und zu groß. Jeder Schritt klingt nach dem eines Elefanten.
Beinahe stoße ich mit meinem Kopf gegen das abgesenkte Deckenstück ganz unten am Ende der Treppe. Gerade noch mal gut gegangen, denke ich mir und bewege mich in die Küche. Während der Wasserkocher mir das Leitungswasser erhitzt, welches ich später mit einem Teebeutel bekömmlicher machen werde, suche ich im Kühlschrank nach einer brauchbaren Mahlzeit.
In diesem Moment erinnere ich mich an meinen Vater, der fast jede Nacht zur gleichen Uhrzeit vor dem Kühlschrank aufzufinden ist – stets in der Hand ein Jogurt - halb schlafwandelnd und in den Fängen des Gewohnheitstieres gefangen.
Ich mag diese Milchprodukte allerdings nicht, deswegen muss ich mich mit etwas anderem begnügen. Ein Stück Gurke wird es tun, entscheide ich mich. Der Teebeutel färbt kurz darauf das Wasser in meiner Tasse rot. Rot. Weihnachten, ja das steht ja kurz vor der Tür. Mit ihm kommt nicht nur der Schnee, sondern auch die besinnliche und friedvolle Stimmung. Zumindest in christlichen und kriegfreien Ländern - und in den Haushalten, in denen niemand dem Geschenkekaufstress unterliegt.
Auf das Fest der Feste bin ich nicht wirklich vorbereitet, zwar singen wir hier ständig Weihnachtslieder, die ich echt nicht mehr hören, geschweige denn singen kann. Im Festsaal steht sogar ein riesiger Weihnachtsbaum, der einem Kinderbuch entsprungen sein könnte. Engel- und Weihnachtsmannfiguren dekorien Wände, Tische und Weihnachtssterne, also die Pflanzen, stehen überall herum. Bevor ich nach Finnland kam, wusste ich zwar dass der Weihnachtsmann hier aus der Nähe stammte, allerdings habe ich nicht einmal daran gedacht, wie Finnen zu der Dezemberzeit agieren.
Wohl möglich herrscht hier im Opisto ein Ausnahmestand und nicht jeder finnische Haushalt ist genauso. Ich weiß es nicht. Ich könnte es mir jedoch richtig gut vorstellen. Täglich spielt ein CD-Player Weihnachtsmusik, häufig singen schiefe Kinderstimmen die Texte hinunter, als würden sie sonst die Rute und Kartoffeln zu Weihnachten bekommen. Apropos, so langsam verstehe ich, warum Kindern die Rute und ja besonders Kartoffeln angedroht werden. Diese fragwürdige Tradition zum Bravmachen aller Kinder, stammt gewiss aus Finnland. Aus dem Land der täglichen Kartoffelmahlzeiten.
Doch ich möchte ganz ehrlich zu geben, würde ich hier leben und Kinder haben, wahrscheinlich täte ich es genauso. Statt der stillen Treppe und Stubenarrest drohe ich den lieben Rotzbengeln die Erdknollen zu Weihnachten und ihren Geburtstagen an. Da stellt sich nur eine Frage, ob das als Erziehungsmaßnahme vertretbar ist oder ob ein Gesetz veranlasst, jeden Verfechter dieser Methode hinter Schloss und Riegel zu bringen.
Zum Glück habe ich momentan keine Kinder (in Planung) und muss mich mit dieser Frage noch nicht großartig auseinander setzen.
Nun gut, ich trinke meinen Tee und erklimme die Treppe, bewege mich in Richtung meines Bettes und lege mich hinein. Mein Rücken schmerzt von der durch gelegenen Matratze, auf der zuvor mindestens tausend Menschen geschlafen haben. Die dünne Decke ziehe ich mir bis zum Kinn, schließe die Augen und versuche mir so etwas wie imaginäre hüpfende Schäfchen vorzustellen, ihre wolligen Rücken wunderschön mit Zahlen verziert.
Und ich schlafe ein.
Ungefähr zwei Minuten später wache ich wieder auf. Es hat nicht geklappt. Die Schäfchen gingen mir mit ihrem Gehüpfe auf die Nerven, sie machten mich damit ganz nervös.
Was macht man denn, wenn man mitten in der Nacht aufwacht und nicht mehr schlafen kann?
Mein Handy leuchtet auf einmal auf, irgendjemand ruft an. Bestimmt ein betrunkener Student, der sich genauso langweilt. Hey, das wäre doch eine gute Beschäftigung. Mitten in der Nacht einen Spaziergang mit einigen Leuten machen. Es schneit und alles ist ruhig.
Ich greife zu dem Handy und werde prompt gefragt, wo ich denn bliebe.
Wie? Was? Ich liege im Bett, antworte ich und unterdrücke ein Gähnen.
„Um 16 Uhr? Das ist doch viel zu früh!“
Ungefähr zwei Minuten später wache ich wieder auf. Es hat nicht geklappt. Die Schäfchen gingen mir mit ihrem Gehüpfe auf die Nerven, sie machten mich damit ganz nervös.
Was macht man denn, wenn man mitten in der Nacht aufwacht und nicht mehr schlafen kann?
Mein Handy leuchtet auf einmal auf, irgendjemand ruft an. Bestimmt ein betrunkener Student, der sich genauso langweilt. Hey, das wäre doch eine gute Beschäftigung. Mitten in der Nacht einen Spaziergang mit einigen Leuten machen. Es schneit und alles ist ruhig.
Ich greife zu dem Handy und werde prompt gefragt, wo ich denn bliebe.
Wie? Was? Ich liege im Bett, antworte ich und unterdrücke ein Gähnen.
„Um 16 Uhr? Das ist doch viel zu früh!“
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