Dienstag, 7. Februar 2012

Morgen, morgen, bloß nicht heute...

Wieder einmal wird mir bewusst, wie gut ich die Kunst des Aufschiebens beherrsche. Anstatt mich auf den Test morgen vorzubereiten, plane ich lieber Aktivitäten, welche ich mit den weiblichen Studentinnen unternehmen könnte.
Ist ein Stückchen Selbstdisziplin zu viel verlangt?
Wie schnell mich kleinste Dinge ablenken können, einfach faszinierend.

Acht Uhr morgens und.... bedeutungsvolle Stille... es ist hell. Vor Schreck falle ich fast aus dem Bett und erfreue mich an diesem kleinen Reim. Gerne hätte ich mich noch weiter mit meinem fast sinnlosen Traum auseinander gesetzt. Ich meine, wer züchtet nicht gerne kleine gelbe Schweinchen, die auf Kommando Yoga machen? Hat etwas entspannendes. So sicher bin ich mir mittlerweile gar nicht mehr, ob ich das tatsächlich geträumt habe. Und wenn ja, warum? Hat das eine besondere Bedeutung?
Seit ich gestern beim Zumba - Unterricht war, bin ich gerädert. Ich habe einen Kater. Einen verdammten schmerzhaften Muskelkater. Wer kam darauf, so etwas zu erfinden? Mal wieder eine Sache, die die Welt nicht braucht.
Tapfer entsteige ich dem Bett, weigere mich aus Prinzip in den Spiegel zu blicken und brauche ungefähr zwanzig Minuten bis ich endlich Zähne geputzt habe. Fünf weitere Minuten dauert es, bis ich mir etwas aus dem Schrank geangelt und angezogen habe.
Punkt halb neun sitze ich im Speisesaal und esse mein tägliches Käse-Gurken-Brot. Die einzige Abwechslung beim Frühstück ist die Zusammensetzung meiner Tischnachbarn. Heute habe ich mich für die Frauengesellschaft entschieden und bereue das nicht. Nach einer halben Stunde ist endlich das Brot verzehrt, Rica in den Computerraum geschwebt und der PC hochgefahren.
Zwei Stunden lang tippe ich, von finnischen Erklärungen der Grammatik eines mir uninteressanten Themas begleitet, meine auf finnisch geschriebenen Texte in eine Word-Datei und schicke sie anschließend an meine Lehrerin per Email.
Selbstverständlich lenkt mich das Internet zwischendurch ab. Wozu sonst sitze ich an einem internetfähigen Computer?
Zum Mittagessen zwinge ich mich Salat zu essen, dazu gibt es noch etwas fischartiges und Reste einer Lasagne.
Nach der Speisung begebe ich mich mit anderen in den Sportsaal und spiele etwas Badminton. Erhitzt ruhe ich mich im Unterrichtsraum aus und warte bis die Finnischstunde beginnt. Viele kommen etliche Minuten zu spät.
Die Lehrerin hat die sagenhafte Idee, paarweise einen Text über Freundschaft schreiben zu lassen. Hochmotiviert versuchen wir Studenten mit möglichst wenigen Worten etwas tiefsinniges auf das Papier zu bringen. Jedes weitere Wort könnte viel zu viel Kraft kosten. Ich meine, wir sind doch auch nur Schüler.
Irgendwann beginnen sich die Ersten mit Stiften in die Seite zu pieksen oder mit Radiergummis zu bewerfen, selbstverständlich nur hinter dem Rücken der Lehrerin. Habe ich schon erwähnt, dass ich die Jüngste bin?
Zehn Minuten vor Ende der Stunde haben alle ihre Rucksäcke gepackt und starren auffällig unauffällig die Uhr an der Wand an. Es überrascht wenig, dass es nur eine halbe Sekunde braucht, bis alle den Raum verlassen haben.
Zum Kaffee gibt es wie gewohnt Kuchen, leider jedoch den gleichen vom vorigen Tage und deswegen wird er kaum angetastet. Irgendwo hat wohl doch jeder ein kleines Stück Würde.
In meinem Zimmer versuche ich mich auf den Test am Mittwoch vorzubereiten. Letztendlich war ich erfolgreich: der Raum ist gesaugt, gewischt, umgeräumt, aufgeräumt, neu dekoriert, meine Nägel frisch lackiert und der Kleiderschrank neu sortiert. Bin folglich bestens auf morgen vorbereitet.
Um halb fünf gehe ich zum Abendessen, geselle mich dieses Mal zu einer ganz neuen Gruppe. Vier Nationen vertreten wir vier. Während seltsamerweise sechs Füße zeitgleich mit mir füßeln wollen, versuche ich mir nichts anmerken zu lassen und genieße die Suppe. Die angestrengten und erwartungsvollen Gesichter fallen sich gegenseitig anscheinend nicht auf. Männer sind und bleiben wohl so wie sie sind – mit Tunnelblick.
Kurz danach gebe ich eine Stunde Klavierunterricht, schwinge mich zurück in mein Zimmer und vertreibe mir die Zeit mit einem Skype Gespräch – mit Malin.
Leider zieht uns das herzallerliebste Internet einen Strich durch die Rechnung und zwingt mich dazu, aufzuhören. Es dauert 2 Stunden, bis ich endlich etwas Finnisch gelernt habe. Wie viel davon im Hirn bleibt, wird sich morgen zeigen.
Oder auch nicht.
Ich gehe das Ganze wie immer optimistisch an und werde jetzt, nachdem ich diesen Text fertig verfasst habe, noch einmal kurz den Blick über die Seiten werfen und so tun, als hätte ich Lust zu lernen.
Im diesen Sinne:
„Gute Nacht!“ und oder „Guten Tag!“

1 Kommentar:

  1. Hallo Rica,

    wollte mich mal als eine heimliche Leserin deines Blogs outen und dir mein Lob aussprechen! Du hast echt ein Talent fürs schreiben, das merkt man. Lebe und arbeite gerade selber für ein Jahr in Finnland und viele Sachen, die du beschreibst, kommen mir bekannt vor und bringen mich zum schmunzeln (ich sage nur Kartoffeln ;-).
    Wünsche dir noch eine schöne Zeit! :-)
    Die besten Grüße, Lila

    AntwortenLöschen