Freitag, 30. September 2011

lieben...

„Willst du meine Freundin sein?“
Ein Satz bei dem das Herz einen Satz vor, einen zur Seite und einen letzten nach oben auf Wolke 7 macht.
Was gibt es schöneres als dieses eindeutige Zeichen von Sympathieempfinden hören zu dürfen?
Seit der Ankunft der männlichen Studenten hier, fallen mir etliche bessere Dinge ein, als diese Frage. Die Vollmondnächte in denen ich nicht schlafen kann, die Kälte, die Langeweile, die Motivationslosigkeit an manchen düsteren und regnerischen Tagen… all das und noch einiges mehr, ist viel schöner als noch ein einziges Mal diesen Gesuch ertragen zu müssen.
Manch einer mag sich jetzt fragen: „Boah, was hat die für Probleme, wird hier umschwärmt und regt sich darüber auf!?!“
Ich würde mich geschmeichelt fühlen, wenn sie die Anfrage nicht so plump gestalten würden. Einmal saß ich mit den anderen am Gruppentisch, als ein mir bis dato Unbekannter auf mich zu kam und mir an den Kopf warf: „Ey, ich liebe dich. Willst du meine Freundin sein?“, klang eher zu rhetorisch als ernstgemeint.
Auch einige Tage zuvor, riss mich ein anderer aus meinen morgendlichen Gedanken, indem er mir die Frage stellte. Dass ich mich dabei verschluckte, war das kleinere Übel.
Bei den anderen lief es ähnlich ab. Die einen grinsen mich dabei an als wäre heute mein Glückstag und sie der Höchstgewinn. Die anderen gucken mich todesernst an, als würde ihr Leben davon abhängen. Bei den ersteren Kerlen fühle ich mich an die „Herzlichen Glückwunsch! Sie sind die 99.999. Frau die ich in diesem Land bereits gefragt habe und möglicher Gewinner einer Partnerschaft mit mir!“ – Spamemails erinnert und bei den anderen wäge ich angewidert in Gedanken darüber ab, ob ich mich strafbar mache, wenn ich sie aus naheliegenden Gründen nicht wiederbelebe, sollten sie bei einem „Nein“ bewusstlos umkippen.

Ja klar will ich deine Freundin sein! Nichts lieber als das! Wir kennen uns zwar nicht richtig, bin mir nicht mal sicher wie du heißt und du nennst mich „Riitta“ statt Rica, aber hey was soll’s? Schließlich klingen die sich ständig wiederholenden Argumente ziemlich schlüssig und überzeugen mich und mein Herz ausnahmslos. Liebe Jungs, merkt euch die folgenden Gründe, weshalb die „Angebetete“ eine Beziehung mit euch eingehen sollte. Ich garantiere euch, ihr werdet Erfolg auf gerader Bahn haben! Sie wird laut „Ja“ und „Juche!“ brüllen, euch um den Hals fallen und nicht aufhören euch zu küssen.
Versprochen!
Und falls sie doch nicht wie erwartet darauf reagiert, hat sie einfach keinen Sinn für das Geschäftliche.
„Ich werde dir alles spendieren, dich einladen, dich beschenken! Ich tue dir gut“ und „die anderen werden dann nicht mehr mit dir reden – das ist doch großartig!“
Auf solche Angebote muss frau eingehen. Schuhe, Alkohol,  Schmuck und Spaß – nie wieder Geldsorgen. Was gibt es besseres? Das ist das Paradies auf Erden und es ist zum greifen nah! Was gibt es außerdem dagegen einzuwenden, von den anderen Jungs ignoriert zu werden? Für all das muss man nur „Ja“ sagen und eventuell den Körper hin und wieder gegen Geschenke eintauschen. Aber kein Problem, schließlich ist das nur allzu menschlich.

Den Begriff von Liebe zu erklären, habe ich mittlerweile aufgegeben. Die wenigen, welche mir zuhören UND mich verstehen, stellten mir die Frage aller Fragen nicht, weil sie selbst lieber von ihren Partnerinnen und dem großartigen Gefühl der im Bauch schwirrenden Schmetterlinge schwärmen. 
Sehr charmant fand ich im Übrigen einen der Kerle, welcher zu mir meinte: "Ich hab alles, ich bin reich und könnte jede Frau haben. Selbst welche, die gut aussehen - aber ich will dich momentan. Also, was sagst du dazu?"

Wo bleibt der Kerl auf dem weißen Pferd, der nicht sofort aufgibt, wenn ich beim ersten Mal „Nein“ sage? Der Kreativität und ernstes Interesse zeigt? Der vorher mit mir durch Höhen und Tiefen geht, der mir Liebesbriefe schreibt, mir außergewöhnliche Komplimente macht? Mit dem ich Gedanken, Erlebnisse und Träume teilen kann, bevor er mich in einem romantischen Moment fragt, ob ich mir eventuell vorstellen könnte, etwas mehr als nur „Freunde“ zu sein?
Gibt es Kerle wie diesen überhaupt noch? Also hier vor Ort? Oder muss ich in einem Jahr in Deutschland weiter hoffen und bangen?

Fest steht für mich, durch die Differenzen mit denen hier lebenden männlichen Wesen, habe ich heraus gefunden, was ich auf keinen Fall will. Damit bin ich vielen anderen Frauen weit voraus!

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